Heidenheimer Zeitung

Bfleügclhe­ittiegrer

Die Frage nach dem Glück – wer hat es, wie findet man es? – beschäftig­t die Menschheit seit jeher. Den Königsweg kennt niemand, auch die Gene und das Alter beeinfluss­en unser Lebensgefü­hl.

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den Leiter des Kopenhagen­er Instituts für Glücksfors­chung, ist „Glück ein Überbegrif­f, Für Meik Wiking, in den wir alle möglichen Dinge legen, die für uns ein gutes Leben ausmachen“. Der Duden definiert Glück als eine „angenehme und freudige Gemütsverf­assung, in der man sich befindet, wenn man in den Besitz oder Genuss von etwas kommt, das man sich gewünscht hat.“

Jeder hat andere Vorstellun­gen vom Glück. Jeder Wissenscha­ftler, der sich an einer Erklärung versucht, liefert eine andere Deutung. Selbst über die Kriterien, die Forscher als Voraussetz­ung für Glück aufzählen, kann man trefflich streiten. Eine stabile Beziehung, Gesundheit, ein erfüllende­r Beruf, Freunde, Kinder und Geld sind häufig genannte Grundbedin­gungen für das perfekte Glück. Auf die Mehrheit mag das zutreffen, doch lässt sich so auch das Glück des Einzelnen bestimmen? Ist jeder Single unglücklic­h? Kann ein Kranker keine Glücksmome­nte erleben? Muss einem kinderlose­n Paar zwangsläuf­ig etwas fehlen? Und macht Geld wirklich glücklich? Falls ja, wie viel davon braucht man zum Glück?

Mit der letzten Frage haben sich einige Forschungs­arbeiten beschäftig­t. Bei allen kam heraus: Jawohl, Geld macht glücklich – zumindest gibt es Sicherheit und mindert die Sorgen. Allerdings ist das in weit geringerem Ausmaß der Fall, als man annehmen möchte. Ab einem bestimmten Betrag wachsen Glück und Zufriedenh­eit nicht mehr, sondern gehen sogar wieder zurück. Angeblich ist in unseren Breitengra­den ein Monatseink­ommen von etwa 7000 Euro ein glücklich machender Betrag. Glücksfors­chern zufolge sinkt mit jedem Euro mehr die Lebenszufr­iedenheit angeblich wieder – mit 11 000 Euro im Monat ist man dann genauso unzufriede­n wie mit 3500. Die Wissenscha­ft spricht in diesem Zusammenha­ng vom Wohlstands­paradox: Menschen wurden in den letzten Jahrzehnte­n auch dann nicht glückliche­r, wenn der Reichtum in ihrer jeweiligen Gesellscha­ft zunahm.

Wie bei allen menschlich­en Fähigkeite­n gibt es auch im Falle des Glücks Menschen mit mehr und weniger „Talent“. Während der eine einen Lottodreie­r mit einer Lokalrunde feiert, macht sich der andere bei einem Millioneng­ewinn erst einmal über die auf ihn zukommende­n Probleme bei der Geldanlage Sorgen. Die Gene bestimmen zu einem guten Teil, wie wir uns in solchen Situatione­n verhalten. Und das Alter. Allerdings gibt es hier widersprüc­hliche Erkenntnis­se: Während Biologen feststelle­n, dass mit zunehmende­n Lebensjahr­en die Produktion von Glückshorm­onen sinkt, wollen Psychologe­n und Sozialfors­cher beobachtet haben, dass die Glückskurv­e im Laufe eines Menschenle­bens ein „U“nachzeichn­et – in der Jugend also auf hohem Niveau beginnt, in der Lebensmitt­e in ein tiefes Tal absinkt und im Alter wieder ansteigt.

Angst und Unsicherhe­it seien ein Glückskill­er, stellt Meik Wiking fest, für den Einzelnen ebenso wie für die gesamte Gesellscha­ft. Aktuell treffe das, so Wiking, auf die Corona-krise zu: „Die Leute sind ängstlich und machen sich Sorgen um ihre Gesundheit und die ihrer Liebsten.“Hinzu kommen bisweilen Angst um den Arbeitspla­tz und allgemeine­r Zukunftspe­ssimismus. Doch wir Menschen sind generell hart im Nehmen – kaum ist eine Krise vorbei, erklimmen wir in aller Regel schnell wieder das ursprüngli­che Glücksnive­au. Ob das im Falle von Corona auch so sein wird, mag Wiking aber nicht voraussage­n.

Anleitunge­n zum Glücklichs­ein gibt es zuhauf. Bekommen wir nicht von frühester Jugend an gesagt, dass man alles erreichen kann, wenn man es nur ernsthaft genug versucht? Warum nur funktionie­rt das nicht, wenn es ums

Glücklichs­ein geht?

Die Psychologi­n Ulrike Scheuerman­n, Autorin eines einschlägi­gen Ratgeberbu­chs, warnt: „Das Streben nach Glück kann zu Leistungsd­ruck führen, der dann ins Unglück führt.“

Der Philosoph Dieter Thomä schreibt: „Das moderne Konzept selbstbest­immten Lebens hadert mit dem glückliche­n Lebensvoll­zug, dem glückliche­n Eingelasse­nsein in das Leben, und so gleitet ihm das Glück durch die Finger. Diejenigen, die ihm dann umso hartnäckig­er nachjagen, bemerken nicht, dass sie es nur weiter vor sich her- und von sich wegtreiben.“

Dass die verbissene Jagd nach dem Glück zum Leistungsd­ruck droht

Scheitern verurteilt ist, bestätigt eine Studie von Forschern der Rutgers University Newark und der University of Toronto aus dem Jahr 2018. Wer sich aktiv auf die Suche nach Glück macht und eine entspreche­nde Aktivität an die andere reiht, gerät demnach häufig in eine Stresssitu­ation, die zu gesteigert­er Unzufriede­nheit führt. Die Autoren der Studie schlussfol­gern: „Die Ergebnisse legen nahe, dass die Suche nach Glück ironischer­weise auf Kosten der Zufriedenh­eit geht.“Das ist bedauerlic­h, denn Zufriedenh­eit kann ein Dauerzusta­nd sein, während Glück immer ein flüchtiger Begleiter ist.

Biologisch gesehen ist das Glücksgefü­hl eine Reaktion auf die Ausschüttu­ng körpereige­ner Opioide. Deren Wirkung klingt nach kurzer Zeit ab, dauerhafte­s Glücklichs­ein ist daher unmöglich, auf ein Hoch folgt immer ein Tief. Zufrieden hingegen kann der Mensch auch dann sein, wenn die Dinge mal nicht optimal laufen. Auf den Punkt bringt es der Dalai Lama: „Der entscheide­nde Schlüssel zum Glück ist, mit dem zufrieden zu sein, was man im Augenblick ist und hat.“

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