Laschets Lockdown-vorschlag sorgt für Wirbel
Der CDU-CHEF fordert „letzte Kraftanstrengung“und will das öffentliche Leben für bis zu drei Wochen herunterfahren. Dafür erntet er Kritik, aber auch Zuspruch.
Der Vorschlag des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) zu einem „Brücken-lockdown“sorgt für kontroverse Diskussionen. Mehrere Ministerpräsidenten äußerten sich skeptisch zum Vorstoß des Cdu-bundesvorsitzenden. Im „Morgenmagazin“des ZDF nannte Laschet einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen mit härteren Corona-schutzmaßnahmen, bis die bundesweite Inzidenz die Zielmarke von 100 unterschreitet. Bundesweit beträgt die Zahl der
Ansteckungen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen derzeit 123.
Der Cdu-bundesvorsitzende hatte sich am Ostermontag dafür ausgesprochen, das öffentliche Leben schnellstmöglich herunterzufahren, bis „das Impfen in großer Breite wirkt“. Die für den 12. April geplante Ministerpräsidentenkonferenz solle deshalb vorgezogen werden und so schnell wie möglich in Präsenz tagen. Laschet sprach im ZDF von einer „Kraftanstrengung“in diesem „letzten Stück der Pandemie“. Er verwies zugleich auf neue Möglichkeiten des Testens sowie der digitalen Nachverfolgung von Kontakten.
Sein Vorschlag rief unterschiedliche Reaktionen hervor. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte, noch sei sehr viel unklar, was Laschet mit einem „Brücken-lockdown“meine. Daher mache es keinen Sinn, jetzt vorfristig zu einer Ministerpräsidentenkonferenz zusammenzukommen. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte „erhebliche Zweifel“.
Der Cdu-bundesvize Thomas Strobl unterstützt die Forderung: „Laschet liegt richtig. Jetzt ist bundesweit schnelles und konsequentes Handeln notwendig“, sagte er. Auch Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) sprang Laschet zur Seite, ebenso der Deutsche Städtetag. „Unsere Gesundheitsämter sagen, die Kontaktedauer, die es braucht, um sich anzustecken, ist viel, viel geringer bei der Virus-mutation“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy.
Berlin. Der Fdp-politiker Stephan Thomae hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dafür kritisiert, dass dieser keinen konkreten Termin für Lockerungen für Geimpfte genannt hat. „Wenn von Geimpften nachweislich keine ernste Infektionsgefahr mehr ausgeht, müssen tiefgreifende Freiheitseinschränkungen unverzüglich und nicht erst zu einem bestimmten Stichtag wieder zurückgenommen werden“, sagte der Fdp-fraktionsvize im Bundestag dieser Zeitung. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wann dürfen Geimpfte wieder in ihr normales Leben zurück?
Spahn macht das vom Brechen der dritten Welle abhängig. Es sei nun an Bund und Ländern, sich über Lockerungen für Geimpfte etwa beim Einkaufen oder Reisen abzustimmen. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass bis Ende April voraussichtlich 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland eine erste Impfdosis
erhalten haben würden. Ende März waren es erst rund zehn Prozent. Die volle Impfwirkung tritt bei den bisher zugelassenen Mitteln aber erst nach der zweiten Impfung ein.
Wie ist die rechtliche Situation? Nach Auffassung des Fdp-politikers Thomae sollte es bei der Diskussion „nicht um Privilegien oder Vorrechte gehen, sondern um die Ausübung verbriefter Grundrechte, die das Grundgesetz jedem Einzelnen garantiert“. Er fügte hinzu: „Damit die Corona-landesverordnungen jetzt nicht reihenweise von den Gerichten gekippt werden, sollten unverzüglich entsprechende Ausnahmeregelungen für Geimpfte aufgenommen werden.“Das sei „keine politische, sondern eine rechtliche Frage“. Gestützt wird Thomae in seiner Argumentation unter anderem vom Gießener Jura-professor Steffen Augsberg, der Mitglied des Deutschen Ethikrates ist. Augsberg forderte, dass sowohl Genesenen als auch gegen das Coronavirus Geimpften zügig „Freiheiten zurück zu gewähren“seien.
Warum sind viele Cafés und Kantinen in Seniorenheimen noch geschlossen, obwohl die Bewohner geimpft sind und die Besucher getestet werden?
Die Zurückhaltung liegt auch darin begründet, dass Gerichte bei Öffnungen nicht mitspielen. So hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim dem Betreiber eines Seniorenheims im badischen Steinen untersagt, für Senioren im betreuten Wohnen ein gemeinsames Mittagessen in der Kantine anzubieten. „Und das, obwohl von den 56 infrage kommenden Bewohnern alle bis auf einen geimpft sind“, wie der Geschäftsführer der betroffenen Einrichtung Mühlehof, Wolfram Uhl, dieser Zeitung sagte. Nun wird der Fall voraussichtlich vor dem Bundesverfassungsgericht landen.
Sind Geimpfte noch ansteckend?
Laut einer aktuellen Mitteilung des Robert-koch-instituts (RKI), auf die sich Spahn bei seinen Aussagen stützt, ist das Ansteckungsrisiko „spätestens ab dem 15. Tag nach Gabe der zweiten Impfdosis geringer als bei Vorliegen eines negativen Antigen-schnelltests“.
Können sich Geimpfte selbst noch infizieren?
Das ist zwar theoretisch möglich. Allerdings kommt es laut RKI bei Geimpften in der Regel nur noch zu symptomlosen Verläufen. Schwere Erkrankungen, bei denen Menschen etwa künstlich beatmet werden müssen, seien so gut wie ausgeschlossen.