Hochriskanter Countdown für Olympia
Kaum Licht am Ende des Tunnels auch 100 Tage vor der geplanten Eröffnungsfeier in Tokio.
Tokio. Angesichts der monumentalen Herausforderungen inmitten der Pandemie bleibt der Olympischen Familie nur das Prinzip Hoffnung. Eigentlich ist es nun Zeit für Vorfreude. In Tokio stehen die Kirschen in voller Blüte, die Sportstätten erstrahlen in hellstem Glanz, und das Olympische Feuer flackert in der Ferne fast schon sichtbar. Doch Japan schlittert ziemlich hilflos in die vierte Coronawelle. Ein Isolationshotel, so berichten es japanische Medien, soll im Fall der Fälle die Coronakranken beherbergen, es soll in der Nähe des Olympischen Dorfes liegen. Diese Sportler dürften nicht zu ihren Wettkämpfen antreten, doch die Show würde weitergehen. Für Ioc-präsident Thomas Bach, aber auch für Premierminister Yoshihide Suga sind die Sommerspiele
„das Licht am Ende des Tunnels“, das Zeichen dafür, dass die Menschheit das Coronavirus bald besiegt hat.
Gegen die Anti-olympia-stimmung im Gastgeberland helfen keine salbungsvollen Worte, gegen die Verunsicherung der Athleten hat das IOC bislang auch noch kein Heilmittel gefunden. Fans aus dem Ausland sind nicht willkommen, und noch immer droht das Szenario von Geisterspielen, denn besonders in Japan stockt die Impfkampagne.
Auch die Deutschen hängen zurück. Dosb-präsident Alfons Hörmann ist noch immer zuversichtlich, doch er gibt sich keinen Illusionen hin. „Die Spiele unterliegen dem größten Risiko in ihrer jüngeren Geschichte“, sagte er. „Alles andere wäre schöngeredet.“
Und doch trägt die Fackel einen Funken Hoffnung auf ihrem Weg nach Tokio, wo sie am 23. Juli ein Feuer der Begeisterung entzünden soll. Im vergangenen Jahr war nach der Vorfreude auch die
Hoffnung erloschen, die Spiele wurden am 24. März abgesagt. Heute ist die Olympische Familie ein Stück weiter, angekommen an der 100-Tage-marke. Aber sie hat noch einen beschwerlichen Weg vor sich.
DOSB-CHEF macht Druck
Hörmann erhöht derweil in der Impffrage den Druck auf die Politik. „Wir sehen mit Beginn des zweiten Quartals und 100 Tage vor den Spielen den Zeitpunkt gekommen, an dem wir dringend eine klare Konzeption mit der Politik erarbeiten müssen“, sagte der 60-Jährige. Er hofft, „dass in den Monaten Mai und Juni in einem sauberen und abgestimmten Maßnahmen- und Terminplan die Gesamtimpfung für die rund 800 Teammitglieder des Team D umgesetzt werden kann“.
Bislang seien lediglich 15 Prozent der Teammitglieder geimpft, führte Hörmann aus. In einer aktuellen Umfrage hätten allerdings 90 Prozent ihr Interesse an einer Impfung bekundet. Demnach gebe es diesbezüglich noch viel Arbeit. „In dem Punkt hoffen wir auf die aktive Unterstützung der Politik“, sagte Hörmann.
Auf der anderen Seite hätten sich acht Prozent des Team D „aus verschiedensten Gründen“gegen eine Impfung ausgesprochen. „Die meisten deshalb, weil sie eine Leistungsbeeinträchtigung durch die Impfung vor den Spielen sehen“, sagte der Spitzenfunktionär: „Das wird selbstverständlich akzeptiert. Wir haben von Anfang an gesagt, es gibt keine Pflicht.“Die gebe es darüber hinaus bislang auch von Seiten des IOC nicht.