Laschet und Söder rufen zu Geschlossenheit auf
Der CDU-CHEF gewinnt das Rennen um die Nominierung als Kanzlerkandidat. Sein Kontrahent aus Bayern lenkt ein und kündigt seine Unterstützung an.
Der Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union ist entschieden: CDU-CHEF Armin Laschet hat sich gegen den Csu-vorsitzenden Markus Söder durchgesetzt und wird die Union als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf führen. Nach einem deutlichen Votum des Cdu-bundesvorstands für Laschet erklärte Söder am Dienstag seinen Verzicht. Der CSU-CHEF sagte dem Cdu-vorsitzenden seine volle Unterstützung zu, Laschet bot der Schwesterpartei CSU eine enge Abstimmung im Wahlkampf an. „Die Würfel sind gefallen. Armin Laschet wird Kanzlerkandidat der Union“, sagte Söder in München, nachdem er sich mehr als eine Woche lang einen offenen Machtkampf mit dem CDUCHEF um die Kanzlerkandidatur geliefert hatte. Ausschlaggebend für seinen Rückzug war, dass sich der Cdu-bundesvorstand in der Nacht zum Dienstag mit klarer Mehrheit hinter Laschet gestellt hatte.
In der Sitzung entfielen nach kontroverser Debatte bei einer geheimen Abstimmung 77,5 Prozent der Stimmen auf Laschet als Kanzlerkandidaten. Söder kam auf 22,5 Prozent. Die Enthaltungen von sechs der 46 Vorstandsmitglieder wurden nicht eingerechnet. In der Debatte hatten sich auch zahlreiche Gegner einer Kandidatur Laschets zu Wort gemeldet, der CDUCHEF musste die Abstimmung erzwingen.
Söder hatte davor am Montag die Entscheidung über die Kandidatur praktisch in die Hände der größeren Schwesterpartei gelegt: Er sei nur bereit zur Kandidatur, wenn es dafür in der CDU breite Unterstützung gebe. Der Streit um die Kandidatur hatte Risse zwischen CDU und CSU, aber auch in der CDU sichtbar werden lassen. Die Kontrahenten mahnten nun eine Rückkehr zur Geschlossenheit an. „Jetzt kommt es darauf an, zusammenzustehen“, sagte Söder. Er versicherte Laschet: „Wir werden ihn ohne Groll mit voller Kraft unterstützen.“Und Laschet kündigte an, sich mit der CSU und vor allem Söder eng abstimmen zu wollen.
Der Abschluss dieses denkwürdigen Zweikampfs um die Kanzlerkandidatur der Union passte zum Bild dieser Woche, in der sich zwei anlächelten, aber im Hintergrund alles dazu taten, den Gegner und seine Truppen zu beschädigen. Mit dem ihm eigenen treuherzigen Augenaufschlag versicherte Markus Söder, dass er sich zurückziehe und von nun an „ohne Groll“CDU-CHEF Armin Laschet im Wahlkampf unterstützen werde. Es gehe um das Land, es gehe aber auch um die Union. Wie schön, mochte man annehmen, jetzt geht es wieder gemeinsam voran.
Eine Farce. Es soll niemand glauben, dass Markus Söder eine Kanzlerkandidatur zurückzieht, ohne klarzumachen, wer die bessere Wahl gewesen wäre. Das überließ er gestern seinem Adlatus Markus Blume: „Kandidat der Herzen“sei Söder gewesen, man habe gesehen, welche „Zugkraft“er habe, lobpreiste der Csu-generalsekretär Daraus lässt sich trefflich schließen, dass die CSU Laschet all das eben nicht zuschreibt.
Damit ist das Dilemma vorgezeichnet, in dem Armin Laschet nun steckt. Es sind direkt zwei Lasten, die auf seine Schultern drücken wie ein tonnenschwerer Rucksack. Die CSU wird genüsslich jeden Fehler des Rheinländers – von denen es ja bereits genug gab – sezieren. Immer milde lächelnd und immer mit dem Unterton, dass man den Kandidaten der Herzen ja nicht wollte. Noch schwerer als das Störfeuer aus dem Süden – das mussten alle Cdu-chefs aushalten – wird allerdings der nur behauptete und nicht bewiesene Vorwurf wiegen, dass die Entscheidung für Laschet gegen die Basis gefallen sei.
Tatsächlich hat die CDU in einer Kraftanstrengung noch einmal alte Tugenden – oder Untugenden – beschworen. Der Vorstand setzte den Parteichef in einer denkwürdigen Nachtsitzung als Kandidaten durch. Es war das sattsam bekannte und über Jahrzehnte eingeübte Spiel der Granden wie Volker Bouffier oder Wolfgang Schäuble, die all ihre Seniorität und Macht in die Waagschale geworfen haben. Dass ihre Partei dabei in den politischen Abgrund schaute, nahe an der Diskussion über die Abspaltung von der kleinen Schwester CSU, nahmen sie ungerührt hin.
Für diese Hypothek wird Laschet aufkommen müssen, er wird sie im September in Wählerstimmen begleichen müssen. Kann er das schaffen?
Laschet hat nur dann eine Chance im Wahlkampf, wenn die Pandemie im Spätsommer vorbei ist.
Ja, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Pandemie im Spätsommer vorbei ist. Wenn dann wieder andere politische Qualitäten gefragt sind als die des gnadenlosen Virenjägers Söder, und Deutschland im Wirtschaftsboom steckt – dann, aber nur dann könnte Armin Laschet jenes Leitbild verkörpern, für das die Union seit Jahrzehnten steht: Weiter so!
Und selbst das könnte zu wenig sein. Denn mit Annalena Baerbock steht eine grüne Kanzlerkandidatin bereit, die sich vieles auf die Fahnen geschrieben hat – aber auf keinen Fall so weitermachen will wie bisher. Sollte sie ihren schwungvollen Start in einen erfolgreichen Wahlkampf umsetzen, könnte sie den wackeren Söder-bezwinger Armin Laschet bezwingen.