Sachlichkeit in der Pandemie
Dass wir alle längst in einer „Risikogesellschaft“leben, hat uns vor vielen Jahren der verstorbene Münchner Soziologe Ulrich Beck erklärt. An diese Einsicht knüpft nun Becks Philosophie-kollege Julian Nida-rümelin mit seinem Thesenpapier zur Corona-krise an, und er verknüpft – gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Kulturwissenschaftlerin Nathalie Weidenfeld, – seine Gedanken über ein möglichst rationales Verhalten mit Überlegungen zur politischen Kommunikation. Hier kann der Autor auf seine Erfahrungen als Kulturstaatsminister unter Kanzler Gerhard Schröder zurückgreifen. Nidarümelin
liefert nicht nur eine durch Statistiken gesättigte Bestandsaufnahme der Gefahren durch Covid-19, sondern zugleich eine Empfehlung für eine alle beteiligten Disziplinen übergreifende Gegen-strategie. Was freilich nicht bedeutet, dass die zur Debatte gestellte Therapie auf allgemeine Zustimmung treffen müsste. Als Julian Nida-rümelin im vergangenen Jahr mit Tübingens OB Boris Palmer, dem Infektiologen Alexander Kekulé, der Juristin und Schriftstellerin Juli Zeh sowie zwei namhaften Wirtschaftsprofessoren einen Appell zur umsichtigen Risikovorsorge veröffentlichte, geriet er sogleich in den Verdacht eines zu liberalen Umgangs mit der Pandemie. Gegen diesen Vorwurf wehrt sich der Professor für politische Philosophie mit seinem Buch vehement und trägt auf diese Weise zu einer Versachlichung der erregten Diskussion bei.