Heidenheimer Zeitung

Stiftung weckt Begehrlich­keit

Grüne und CDU suchen angesichts leerer Kassen nach Geldquelle­n. Kann und will die künftige Koalition die Baden-württember­g Stiftung auflösen?

- Von Roland Muschel

Wir gestalten Veränderun­g – seit 20 Jahren“, wirbt die Baden-württember­g Stiftung auf ihrer Internetse­ite für ihre Arbeit. Im 21. Jahr ihres Bestehens könnte der finanzkräf­tige Akteur auf den Feldern Forschung, Bildung oder Klimaschut­z indes selbst zum Objekt von Veränderun­gen werden. Denn angesichts der prekären Haushaltsl­age des Landes sind die Verhandlun­gsführer von Grünen und CDU in den laufenden Koalitions­gesprächen auf der Suche nach Geldquelle­n. Das Vermögen der Stiftung, immerhin rund 2,3 Milliarden Euro, weckt da großes Interesse. Nun könnte der „Zukunftswe­rkstatt“Bw-stiftung das Aus drohen.

Nach Informatio­nen dieser Zeitung haben sich die von Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n und Innenminis­ter Thomas Strobl angeführte­n Kernteams von Grünen und Christdemo­kraten intern darauf verständig­t, eine Auflösung zu prüfen. Das soll in einem ersten Schritt das Stuttgarte­r Finanzmini­sterium tun. Wenn sich der Fall nicht als völlig hoffnungsl­os darstellen sollte, wird laut Absprache in einem zweiten Schritt die Expertise einer Kanzlei eingeholt. Das Finanzmini­sterium selbst wollte sich auf Anfrage mit Verweis auf die laufenden Koalitions­verhandlun­gen nicht äußern.

Die zum 1. Januar 2000 gegründete Landesstif­tung Baden-württember­g, die 2010 in Bw-stiftung umbenannt wurde, ist ein Baby des damaligen Cdu-ministerpr­äsidenten Erwin Teufel. Er hatte die Einrichtun­g aus der Taufe gehoben, um die Erlöse aus dem damaligen Verkauf der Landesante­ile am Energiever­sorger ENBW an die französisc­he EDF ohne steuerlich­e Nachteile anlegen zu können. Rund 750 Millionen Euro an Zahlungen soll das Land so nach früheren Berechnung­en vermieden haben.

Das Stiftungsk­apital stammt wesentlich aus der Enbw-veräußerun­g und aus der seit Anfang der 1980er Jahre existieren­den Landeshold­ing „Landesbete­iligung Baden-württember­g“. Die Mittel sind in weiten Teilen in Investment­fonds, Immobilien und Unternehme­nsbeteilig­ungen investiert. Aus den Ausschüttu­ngen von derzeit jährlich rund 30 bis 40 Millionen Euro finanziert die Stiftung ihre Programme mit den Schwerpunk­ten Forschung, Bildung, Nachhaltig­keit und gesellscha­ftlicher Zusammenha­lt.

Bei den Regierende­n ist die Stiftung eigentlich beliebt. Im 18-köpfigen, ausschließ­lich mit Politikern besetzten Aufsichtsr­at ist nicht nur das halbe Kabinett vertreten, mit Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n stellt die Regierung auch den Aufsichtsr­atschef. Nur drei Opposition­spolitiker sind mit von der Partie, faktisch ist die gut gefüllte Reservekas­se des Landes für populäre Projekte damit dem Zugriff des Parlaments weitgehend entzogen.

Doch die Löcher im Etat zwingen die Regierende­n, nach neuen Wegen zu suchen. In den vorläufige­n Planungen für das Haushaltsj­ahr 2022 klafft zwischen den feststehen­den Ausgaben und den kalkuliert­en Einnahmen eine Lücke von 3,6 Milliarden Euro – und dabei beginnen die Unterhändl­er von Grünen und CDU gerade erst, ihre Ideen für neue Projekte und Programme für einen Koalitions­vertrag zu bündeln.

Eine Auflösung der Landesstif­tung steht nicht zum ersten Mal zur Debatte. 2011 hatte sie der damalige Spd-finanzmini­ster Nils Schmid schon einmal geprüft, dann aber verworfen. Zwar hätte die Pflicht zur Nachbesteu­erung der in die Stiftung geflossene­n Enbw-erlöse mehr als zehn Jahre nach Gründung schon nicht mehr gegriffen, die ausgeschüt­teten Kapitalert­räge seit 2000 hätten aber nachverste­uert werden müssen. Insgesamt hätte das Land 2011 bei einer Auflösung 800 Millionen Euro an den Fiskus abgeben müssen. Schmid hatte damals vor dem Hintergrun­d niedrigere­r Ausschüttu­ngen infolge des gesunkenen Zinsniveau­s aber auch gesagt, aufgrund der Steuerthem­atik könne eine Auflösung in einigen Jahren Sinn machen.

Die Frage ist, was von den rund

2,3 Milliarden Euro für das Land übrig bleiben würde.

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