Geld entscheidet
Totgeburt“oder „Eigentor“– Begriffe für das Geschehene gibt es sicher viele. Fakt ist: Die europäische Super League (ESL), die sich zwölf Vereine der europäischen Elite der Fußball-clubs in rosa-roten Farben als eigene Gelddruckmaschine erdacht haben, ist binnen 48 Stunden krachend gescheitert. Wie kippende Dominosteine haben sich ein Club nach dem anderen wieder verabschiedet. Ausgelöst wurde die Lawine von den sechs englischen Clubs um Manchester City, FC Liverpool und FC Chelsea, die vor dem massiven Proteststurm kapitulierten.
Dieses Scheitern nun als großen Erfolg zu feiern, wäre indes ein Verschließen der Augen vor der Realität. Die Schimpf-tiraden von Uefa-präsident Aleksander Ceferin auf die Abweichler wie Real Madrid und Juventus Turin sind scheinheilig. Denn ohne das Vorpreschen der zwölf Topclubs würde alle Welt die unsägliche Reform der Champions League kritisieren, die exakt dasselbe Ziel verfolgt wie die ESL – ohne große Risiken noch mehr Geld zu verdienen.
Würde die Uefa ihren Drohgebärden Taten folgen lassen, gehören die betroffenen Vereine und ihre Geldgeber hart bestraft. Dies kann nur bedeuten: Ein Ausschluss der zwölf Vereine aus den nationalen und internationalen Ligen mindestens für zwei Jahre. Auch die Spieler, die mit ihren immer höheren Gehaltsforderungen eine Teilschuld an der Gier ihrer notleidenden Clubs tragen, dürften nicht ungeschoren davonkommen und sind für EM sowie WM zu sperren. Natürlich ist eine solche Veranstaltung ohne einen Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo für die Fans weniger interessant, will doch jeder die Besten der Besten live erleben. Für betroffene Spieler wie Clubs wären die Folge vermutlich Freundschaftsspiele auf Super-league-niveau. Aber selbst die ließen sich bestimmt vermarkten.
Diese Gedanken sind natürlich nur Utopie. Gleichwohl muss es irgendeine Bestrafung der Club-kartelle geben, und auch die Vertreter von Fan-netzwerken gehören künftig in Entscheidungsprozesse einbezogen. Weil aber der schnöde Mammon im Fußball letztlich über alles und jeden entscheidet, wird der Uefa der Schneid fehlen, genau diese Maßnahmen zu ergreifen.
Am Ende wird sich die Uefa dafür feiern lassen, dass sie die reumütigen Abtrünnigen wieder in ihren Reihen
Würde die Uefa ihren Drohungen Taten folgen lassen, gehören die betroffenen Vereine hart bestraft.
aufnimmt. Die Topclubs haben ihre Duftmarke gesetzt, der europäische Verband kommt ihnen beim Geld besorgen entgegen – und alle haben sich bei einer noch weiter kapitalisierten Champions League wieder lieb. Nur machtbewusste Präsidenten wie Juventus-boss Andrea Agnelli und Real Madrids Florentino Perez werden weiter versuchen, Kontrolle über das Geschäftsmodell Fußball zu erlangen.
Dabei muss eine Erkenntnis sein, dass Geld nicht alles ist. Auf- und Abstieg sind elementar für die Leidenschaft für den Fußball, Ligen ohne dies, auch wenn mit Topteams gespickt, sind es nicht. Ein Wandel ist allerdings nur möglich, wenn alle Seiten – auch die Fans – gehört werden. Dass für diesen Wandel der Mut fehlt, ist bei aller Erleichterung über das Scheitern der Super League das eigentlich Enttäuschende.