Gelungener Kompromiss
Brücken sind dazu gedacht, Trennendes zu überwinden: Täler, Flüsse, Straßen. Oder Bahngleise. So wie jetzt in Schnaitheim. Nicht immer gelingt der Bau reibungs- und geräuschlos, mitunter werden zunächst sogar neue Gräben aufgerissen, selbst wenn es nur um wenige Meter Spannweite geht. Mal liegt’s an der Beschaffenheit des Untergrunds, mal an der zeitaufwendigen Abstimmung verschiedener Planungsebenen, mal an den Kosten.
Auch in Schnaitheim schwangen zu Beginn Misstöne mit. Die Absicht der Stadtverwaltung, nicht nur die baufällige Konstruktion aus dem Jahr 1975 abzureißen, sondern an gleicher Stelle auch für Ersatz zu sorgen, kam in der anfänglichen Kommunikation nicht eindeutig zum Ausdruck.
Nachdem Oberbürgermeister Bernhard Ilg die atmosphärischen Störungen vor allem mit Blick auf die sich gegen eine sofortige Sperrung wendende Aktionsgemeinschaft (AG) ausgeräumt hatte, stellte sich die Frage, wie die Zeit zwischen der Schließung des alten und dem Bau des neuen Stegs überbrückt werden könnte.
Übergangsweise bewährte sich allen Vorbehalten zum Trotz der ebenerdige Umweg über den Bahnübergang. Dass manche wegen ein paar Minuten Zeitersparnis die gefährliche Abkürzung über die Gleise wählten, blieb glücklicherweise ohne schlimme Folgen.
Die Zeiten des Provisoriums schienen gezählt, als die Pläne für die neue Brücke präsentiert wurden. Sie sollten allerdings bei kompletter Barrierefreiheit die Gesamtlänge von 128 auf 320 Meter anwachsen lassen. Erfreulicherweise siegte am Ende die Vernunft, und angesichts einer drohenden Kostensteigerung von einer auf eineinhalb Millionen Euro überarbeitete die Verwaltung auf Betreiben des Gemeinderats die Entwürfe.
Auch die AG bewies sich als Brückenbauer hin zu einer gemeinschaftlich akzeptierten Entscheidung, nachdem Iris Mack, die Behindertenbeauftragte des Landkreises, und Stadtrat Dr. Christoph Potzel, der selber auf den Rollstuhl angewiesen ist, ihre Zustimmung signalisiert hatten. Ergebnis: Weil sich alle am Angemessenen orientierten und niemand an Maximalforderungen festhielt, kann heute jeder der Beteiligten in den Spiegel schauen.
Binnen eines Jahrhunderts wurde nun also der dritte Fußgängersteg beim Schnaitheimer Bahnhof installiert. So groß die Freude bei allen, die auf diesen Moment gewartet haben, so ausgeprägt dürfte die Hoffnung sein, dass die Serie in einer Hinsicht keinen Bestand hat: Die erste Konstruktion hielt 55 Jahre, die zweite 44 . . .