Im Takt der Ferien
Es ist die Zeit, in der immer mehr Menschen in Deutschland vollständig geimpft sind, und es ist die Zeit des nahenden Sommers. Es ist also die Zeit, in der Öffnungen, Erleichterungen und somit die Rückkehr unserer Freiheitsrechte anstehen. Aber es ist auch schon wieder eine Zeit, in der die Regierenden Fehler wiederholen, die sie seit Beginn der Pandemie immer wieder machen: Sie reagieren nur auf Entwicklungen der Corona-krise, haben aber – wie bereits bei der Beschaffung von Masken, Tests und Impfstoff oder bei der Konzeption von Homeschooling und Kinderbetreuungsmodellen – einmal mehr nicht rechtzeitig in die Zukunft geblickt, also präventiv Lösungen erarbeitet für die Themen und Lagen, die stets sehr vorhersehbar waren. Das eben gebilligte Aufholprogramm, das allenfalls ein Reparaturprogramm ist, belegt dies.
Dass eines Tages Menschen vollständig geimpft oder genesen sein werden und dass irgendwann auch Kinder geimpft werden können, ist ebenfalls seit Monaten klar. Trotzdem entschied die Bundesregierung auch hier erst Wochen zu spät nach zähem Geeiere darüber, ob und welche Rechte Durchgeimpfte und Genesene zurückerhalten sollen.
Fürs Impfen von Kindern gibt es hingegen noch nicht einmal eine Idee. Zu Buche steht nur ein Vorpreschen des bayerischen Ministerpräsidenten, der ankündigte, Schüler und Schülerinnen ab Juni impfen zu wollen. Dabei sind es noch gerade mal sechs Wochen, bis in den ersten Bundesländern – aber nicht in Bayern – die Sommerferien beginnen. Genau die sollte die maßgebliche Leitplanke fürs Impfen der Kinder sein. So lange nicht ausreichend Impfstoff für alle da ist, müssen Kinder, die zuerst Sommerferien
bekommen, auch zuerst geimpft werden.
Das hat nichts mit einem Privileg für Mecklenburg-vorpommern und Schleswig-holstein, Brandenburg, Berlin oder Hamburg zu tun. Auch nicht damit, dass nur so Familien unbeschwert zusammen in den Urlaub reisen können, weil die Eltern ja mit hoher Wahrscheinlichkeit dann auch bereits geimpft sind. Nein. Es geht darum, dass nach einem verkorksten, für manche sogar verlorenen, Schul- und Bildungsjahr 2020/21 kein weiteres solches folgt. Nur wenn Kinder ab
Juni die erste Impfdosis erhalten, können sie kurz vor Schulbeginn die
Es geht darum, dass nach einem verkorksten Schul- und Bildungsjahr 2020/21 kein weiteres solches folgt.
zweite bekommen. Ausschließlich so besteht die Chance, dass das neue Schuljahr mit einem regulären Schulbetrieb starten kann. Und der beginnt in Schwerin und Kiel nun mal sechs Wochen eher als in München und Stuttgart. Brandenburg, Berlin und Hamburg folgen binnen Wochenfrist.
Wenn nun Markus Söder hier mal wieder vorprescht, dann ist das purer Egoismus. Mit Solidarität hat das nichts zu tun. Klug ist es auch nicht. Müßig ist die Frage, ob er sich auch vordrängeln würde, wäre er Kanzlerkandidat der Union geworden. Keineswegs müßig ist aber die Frage, warum die anderen Ministerpräsidentinnen, Ministerpräsidenten und Bildungsverantwortlichen hier bis dato nur durch Ideenlosigkeit, Untätigkeit und Schweigen auffallen.