Förmlichkeit auf dem Rückzug
Trendsetter sind die duzenden Firmen nicht, denn auf dem Rückzug ist das Siezen schon seit über 100 Jahren. Historisch ist das „Sie“ein Erbe des mittelalterlichen Feudalismus und war ursprünglich der herrschenden
Schicht vorbehalten. Das Bürgertum übernahm später die adeligen Umgangsformen, in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg hatte sich das Siezen bis in Familien hinein durchgesetzt. Akademiker siezten einander ohnehin, Studenten inbegriffen. Bei der Sprachentwicklung gab und gibt es bis heute regionale Unterschiede. Das „Sie“hat sich etwa auf dem Land in Bayern und in Tirol nie ganz behauptet. Dort werden Urlauber mitunter heute noch geduzt.
„Was besser ist, kann man nicht pauschal beantworten.“
Was man durch die vertraulichere Ansprache gewinnen kann? „Persönliche Nähe“, sagt Bewersdorf. Gerade für Unternehmen, die über soziale Medien weitaus persönlichere und tiefere Einblicke gewährten, sei das eine wichtige Währung. Sie erlaube unter Umständen auch eine individuellere, kreativere Ansprache.
Aber selbst wenn ein Unternehmen in sozialen Medien die Kunden duzt, rät Bewersdorf in der direkten Kundenkommunikation zu Vorsicht. „Wenn ein Kunde in der direkten Ansprache gesiezt werden will, muss ich das tun.“Das „Du“dürfe kein Dogma sein. „Sonst kann man Kunden auch einfach verprellen.“Es sei immer wichtig, individuell auf die Kunden einzugehen.