Heidenheimer Zeitung

Stinker ohne Heimat

- Michael Gabel

Im Wettbewerb um den am stärksten stinkenden Käse hätte der Harzer Roller gute Chancen. Sein mit einer gelben oder roten Schmiere bestrichen­er Sauermilch­körper muss nur vier oder fünf Wochen lang reifen, schon verströmt er den von Kennern gerühmten typisch pikanten – manche sagen auch strengen – Geruch, den man in dieser Intensität allenfalls vom elsässisch­en Munster kennt. Doch so richtig stolz scheint man im Harz auf die eigene Erfindung nicht zu sein. Wie wäre es sonst zu erklären, dass Harzer Käse – anders als etwa Schwarzwäl­der Schinken – kein Eu-weit geschützte­r Begriff ist?

Die einstmals großen Käsereien in der Gegend hatten anscheinen­d schlicht vergessen, sich das Produkt als regionale Marke zu sichern. Und so kommt der angebliche Harzer Käse heute vor allem aus dem sächsische­n Leppersdor­f – während die Traditions­betriebe dichtmache­n mussten. Der Wirtschaft­swissensch­aftler Marcel Lichters, der aus dem Harz stammt, bedauert das. Als geschützte Marke hätte „das Ding Potenzial gehabt“, sagt er.

Der Stinker aus dem Nichtharz hat nämlich eine große Zukunft vor sich, weil er perfekt in eine Zeit passt, in der sich die Menschen immer gesünder ernähren. Er ist fettarm und dazu reich an Proteinen. Ein echtes Kraftpaket also – das lässt über manche vielleicht doch nicht so positive Eigenheit hinwegsehe­n beziehungs­weise hinwegriec­hen.

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