Rot-gelb-grün
Ob Olaf Scholz in seinem Leben schon mal eine Frau umworben hat, die ihm allen Annäherungsversuchen zum Trotz unerbittlich die kalte Schulter zeigte, weiß man nicht. Momentan muss der Spd-kanzlerkandidat diese Erfahrung allerdings mit Christian Lindner machen. Fast täglich startet der Sozialdemokrat einen Flirtversuch in Richtung des Fdp-vorsitzenden, um ihn für eine Ampelkoalition zu erwärmen. Lindner sei ein verlässlicher Partner, die FDP habe vor vier Jahren gar nicht anders gekonnt, als die Jamaika-sondierungen mit der Union und den Grünen abzubrechen, habe Kanzlerin Merkel die Liberalen doch am langen Arm verdursten lassen, hieß es da. Und selbst den Grünen, dem natürlichen Koalitionspartner der SPD, versetzte er jüngst einen Seitenhieb in Sachen Schuldenbremse, nur um der FDP zu imponieren. So viel ist klar: Scholz will die Ampel. Und den Grünen wären die Liberalen auch lieber als die Linkspartei.
Lindner allerdings ziert sich und bleibt bei seiner Floskel, ihm fehle die Fantasie, welches Angebot Rot-grün ihm machen könnte, das alle Parteien ihrer Basis verkaufen könnten. Mit der FDP werde es keine Steuererhöhungen
geben, wie die SPD sie will, und keine Aufweichung der Schuldenbremse, wie sie den Grünen vorschwebt. In gesellschaftspolitischer Hinsicht dagegen gäbe es viele Schnittmengen, etwa in Sachen Cannabis oder einer Liberalisierung des Familienrechts. Ganz abwenden will der Umworbene sich dann aber doch nicht, denn dies würde auch seine Verhandlungsposition mit der CDU schwächen. „Natürlich sind wir kompromissbereit“, sagte er jüngst dieser Zeitung. Ganz erfolglos scheinen Scholz’ Flirts also nicht zu sein. igs