Wo bleiben die Promis?
Früher war beim Bundestagswahlkampf vieles besser. Das musste jetzt einfach mal gesagt sein, auch wenn der Satz mittlerweile ausgewalzt ist wie der frühere Teddy-kreisel, an dem man seit dieser Woche an einer Ampel warten darf. Aber zurück zum Thema. Normalerweise ist der Bundestagswahlkampf ein Schaulaufen der Berliner Prominenz und wer hat sich da nicht schon alles bei uns blicken lassen. Aber in diesem
Jahr muss irgendetwas passiert sein. Vermutlich hat irgendein Software-entwickler versehentlich Heidenheim aus einigen Berliner Navigationssystemen entfernt.
Nur so ist es zu erklären, dass Armin Laschet versehentlich in Essingen statt in Heidenheim, Annalena Baerbock in Ulm statt in Königsbronn und Olaf Scholz in Stuttgart statt in Giengen gelandet sind. Und wie Politiker so sind, werden die sich dann gedacht haben, hier ist es ja auch ganz schön, machen wir doch lieber hier Wahlkampf als diesen mysteriösen Kreis Heidenheim zu suchen.
Der Cdu-bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter kann davon ein Lied singen. Monatelang hatte er einen Termin mit Annette Schavan geplant. Und dann kam es, wie es kommen musste. Die frühere Forschungsministerin und Kanzlerin-vertraute fand einfach nicht den Weg nach Herbrechtingen und verspätete sich zur angesetzten Wertediskussion.
Das mag bei einer Ex-ministerin gerade noch so verschmerzbar sein, aber stellen
Sie sich mal vor, die Kanzlerin wäre nicht vor vier Jahren, sondern 2021 nach Heidenheim gekommen. Welch ein Drama hätte sich da entwickelt. Wegen der zu erwartenden Verspätung aufgrund der vielen geschlossenen Autobahnzufahrten hätten die stark verunsicherten Protokollbeamten den roten Teppich im Congress-centrum vermutlich fünfmal ein- und ausgerollt, bis Angela Merkel dann vermutlich vollkommen entnervt eingetroffen wäre. Das erklärt auch, warum Kiesewetter für den Besuch der Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-karrenbauer ein rein virtuelles Format wählte.
Einen anderen Ansatz fand in dieser Woche die SPD. Sie quartierte ihre gesamte Landtagsfraktion gleich für ein paar Tage in Heidenheim ein. Da waren Anreiseprobleme verschmerzbar. Und wem das zu wenig politische Prominenz war, für den zauberte die Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier auch noch kurz vor der Tagung den Spd-generalsekretär Lars Klingbeil aus dem Hut. Da war schon ein Hauch von rotem Teppich vor dem Konzerthaus zu spüren.
Über die prominente Unterstützung von Margit Stumpp durch ihre Bundespartei legen wir lieber gleich den Mantel des Schweigens. Na gut, nicht ganz. Die grüne Bundestagsabgeordnete ist in dieser Hinsicht Kummer gewohnt und kämpft vor allem mit Unterstützung aus Heidenheim und Stuttgart um die Stimmen in ihrem Wahlkreis.
Doch in diesem Jahr ist leider nicht nur die Prominenz abhandengekommen. Nein, es sind auch die kleinen und größeren Geschenke, die einfach woanders verteilt wurden. So darf sich das kleine Böbingen im Ostalbkreis nun deutlich schneller über einen neuen Gemeindetunnel für die Kleinigkeit von 215 Millionen Euro freuen. Da werden sich sicherlich nicht wenige Heidenheimer verwundert fragen, was sie denn bei ihrem Innenstadttunnel falsch machen. Vermutlich sind bei uns die Kosten einfach viel zu schwäbisch bescheiden geplant. Angesichts der gerade in Böbingen bewilligten Summe, will sich doch kein echter Beamter im Bundesverkehrsministerium mit Peanuts von gerade mal rund 25 Millionen Euro die Hände schmutzig machen.
Irgendwie ist also in diesem Jahr für den Kreis Heidenheim der Wurm beim Bundestagswahlkampf drin oder wie eingangs geschrieben: Früher war es schon mal besser.
PS: Jetzt noch ganz ernsthaft. Am 22.9. können Sie sich ab
18:15 Uhr selbst ein Bild von den Kandidaten der größeren Parteien machen. Dann findet das Hz-wahlforum im Pressehaus statt. Anmelden können Sie sich für die Veranstaltung per Mail an redaktion@hz.de.