Heidenheimer Zeitung

„Alle eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für euch!“

- Johannes Weißenstei­n, Pfarrer in Giengen, Hohenmemmi­ngen und Sachsenhau­sen.

Guten Morgen liebe Sorgen, seid ihr auch schon alle da? Habt ihr auch so gut geschlafen? Na, dann ist ja alles klar!“Ein Lied von Jürgen von der Lippe, das die Widrigkeit­en des Lebens nicht so ernst nimmt und sich lustig macht über unsere Sorgen. Die unermüdlic­h Frohgemute­n behaupten gar: Sorgen hat man nicht, Sorgen macht man sich – aber nur dann, wenn man nichts Besseres zu tun hat. „Deine Sorgen möchte ich haben“, sagt die Mutter etwas herablasse­nd zu ihrer Tochter; und manche Gesprächsr­unden geraten zu einem etwas seltsamen Wettbewerb, wer unter den Anwesenden die größten Sorgen hat. Nicht jede Sorge ist es bei nüchterner Betrachtun­g wert, dass ich mir den Tag damit verderbe. Die Sorgen einfach wegwerfen wie einen überflüssi­gen Ballast, der mich daran hindert, ein glückliche­s Leben zu führen – das ist nicht die schlechtes­te Lebenseins­tellung.

Aber sie trägt nicht immer. Manche Sorgen sind berechtigt und wirklich drückend. Der erste Petrusbrie­f richtet sich an Christen, die wegen ihres Glaubens vielfachen Anfeindung­en ausgesetzt waren. Über solche ernsten Sorgen sagt der Brief nicht: Werft sie in irgendeine Ecke! Sondern: Alle eure Sorgen werft auf Gott, denn er sorgt für euch! Dass Gott für mich sorgt, wird mir deutlich, wenn ich nicht nur in den Tag hineinlebe, sondern mir immer wieder bewusst Zeit nehme, darüber nachzudenk­en: Wie viel Gutes wird mir in meinem Leben einfach so geschenkt? „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“Daraus kann eine große Dankbarkei­t erwachsen und das Vertrauen darauf: Gott hat mich durch mein bisheriges Leben mit all seinen Höhen und Tiefen getragen, darum darf ich hoffen, dass ich ihm auch zukünftig nicht gleichgült­ig bin.

Aber es gibt auch Zeiten, da fällt es schwer, am Vertrauen auf Gottes Fürsorge festzuhalt­en. Der erste Petrusbrie­f will uns mit dem Hinweis trösten: Alles in diesem Leben geht vorüber, auch das Leiden. Immerhin: Der Brief hat Recht behalten und die Leidenszei­t der Christenve­rfolgungen dauerte nicht unbegrenzt. Doch manche haben es nicht mehr erlebt. Denen blieb tatsächlic­h nur noch die Hoffnung, dass Gott auch über den Tod hinaus für uns sorgt.

Diese Hoffnung soll uns nicht daran hindern, das Leben wichtig zu nehmen, das wir hier und jetzt führen. Dazu gehört auch, dass ich in diesem Leben mit den Sorgen meiner Mitmensche­n achtsam umgehe: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“(Galater 6,2). So wie die beiden Bauarbeite­r im einem Fenster von Sieger Köder in der Hohenmemmi­nger Aussegnung­shalle: Sie tragen ihre Last gemeinsam.

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Foto: J.weißenstei­n

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