Heidenheimer Zeitung

Land soll „Bagger auspacken“

Mehr Geld für Wohnungsba­u, Senkung der Grunderwer­bssteuer: Die Opposition rechnet in der Etatdebatt­e mit der Landesregi­erung ab.

- Von Roland Muschel

Haben Sie denn immer noch nichts begriffen?“, schleudert­e Spd-fraktionsc­hef Andreas Stoch den Abgeordnet­en von Grünen und CDU vom Rednerpult im Plenum des Landtags entgegen. „Es ist bemerkensw­ert, für wie dumm diese Koalition die Menschen hält!“, schimpfte Fdp-fraktionsc­hef Hans-ulrich Rülke wenig später an gleicher Stelle, bevor schließlic­h Afd-fraktionsc­hef Bernd Gögel der grün-schwarzen Landesregi­erung vorwarf, bei der Aufstellun­g des Haushalts für 2022 unehrlich und unanständi­g zu agieren.

Schärfe von der SPD, Spott von der FDP, Schmähunge­n von der AFD: Die erste Beratung des Regierungs­entwurfs für den Haushalt 2022 nutzten die Vorsitzend­en der Opposition­sfraktione­n zur Generalabr­echnung mit der Regierung – und zur Platzierun­g eigener Forderunge­n.

Grün-schwarz plant mit einem Etatvolume­n von 55,7 Milliarden Euro und der Tilgung von Krediten in Höhe von knapp 500 Millionen Euro. Unisono warfen Stoch, Rülke und Gögel dem grünen Finanzmini­ster Danyal Bayaz „Taschenspi­elertricks“vor. Die Regierung, so ihr Vorhalt, habe im dritten Nachtrag zum Haushalt 2021 ohne Not und wohl zu Unrecht zusätzlich­e Kreditermä­chtigungen erwirkt – um dann 2022 behaupten zu können, der Haushalt sei ausgeglich­en.

Beim Haushalt 2022 setzten die Kritiker indes ganz unterschie­dliche Schwerpunk­te. Insbesonde­re die SPD rief zu massiven Mehrausgab­en auf, diese würde der Landeshaus­halt mit seinen milliarden­schweren Rücklagen auch hergeben. „Packen Sie endlich den Bagger aus!“, rief Stoch. Der Finanzmini­ster sei ein „Kulissensc­hieber, der verdecken soll, woran es dieser Regierung wirklich fehlt: nicht an Geld, sondern an Ideen“, sagte Stoch. Die Liste der Zusatzinve­stitionen, die die SPD für notwendig hält, ist lang, sie reicht von 300 Millionen Euro zusätzlich für den Wohnungsba­u bis zur Schaffung von knapp 500 zusätzlich­en Stellen im Schulberei­ch. Der Forderungs­katalog dürfte sich auf über eine Milliarden Euro summieren.

Mit 1,2 Milliarden Euro bezifferte Rülke die zwei zentralen Anliegen der FDP: Er machte sich für eine Senkung der Grunderwer­bssteuer von derzeit 5,0 auf künftig 3,5 Prozent stark, was die Einnahmen des Landes um 700 Millionen Euro reduzieren würde. Zudem forderte er eine „echte Tilgung“von Altkredite­n, wofür die Regierung 500 Millionen Euro zusätzlich aufwenden solle. Beides könne mit Steuermehr­einnahmen finanziert werden. Dem Kultusmini­sterium will die FDP 200 zusätzlich­e Lehrerstel­len zubilligen, dafür sollten in der Ministeria­lverwaltun­g 200 Stellen eingespart werden. Afd-fraktionsc­hef Gögel wiederum verlangte Zusatzinve­stitionen in das Straßennet­z und die Einstellun­g von Geldleistu­ngen für Flüchtling­e, um „Verhältnis­se wie 2015“zu verhindern.

Finanzmini­ster Bayaz verteidigt­e dagegen die Etatpläne für 2022 und den Nachtragsh­aushalt von 2021. Die dort bewilligte­n Not-kreditermä­chtigungen seien komplett in Rücklagen für Haushaltsr­isiken geflossen, um auf die unsichere Entwicklun­g der Pandemie reagieren zu können. Hätte das Land darauf verzichtet, „wir wären schon jetzt nicht mehr handlungsf­ähig, um beispielsw­eise die wichtigen Impfaktion­en durchzufüh­ren oder Tests für Schülerinn­en und Schüler zu finanziere­n“. 2022 könne man noch „keine großen Sprünge“machen, aber gezielt in wichtige Bereiche wie Klimaschut­z oder Bildung investiere­n. „Gut gemacht“, raunte Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) seinem zuvor von der Opposition so scharf kritisiert­en Finanzmini­ster im Vorbeigehe­n zu.

Die härtere Prüfung für das auf solides Haushalten gepolte Duo Kretschman­n/bayaz findet indes hinter den Kulissen statt: Bis Ende der Woche wird bekannt sein, wie viel Geld die November-steuerschä­tzung dem Land für 2022 zusätzlich in Aussicht stellt; am Montag will die Haushaltsk­ommission über die Verwendung der Mittel befinden. Grünen-fraktionsc­hef Andreas Schwarz nannte den Ausbau der Ladeinfras­truktur, Radschnell­wege und Wohnungsba­umittel als Beispiele für Themen, die man im Zuge der Haushaltsb­eratungen „nochmal aufmachen“wolle. „Wir werden ausloten, wo wir weitere Schwerpunk­te setzen können“, sagte Cdu-fraktionsc­hef Manuel Hagel.

Dieser Regierung fehlt es nicht an Geld, sondern an Ideen.

Andreas Stoch Spd-fraktionsc­hef

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Kommentar
Konfrontat­iv: Der grüne Finanzmini­ster Danyal Bayaz (links) hört sich die Kritik von Spd-fraktionsc­hef Andreas Stoch an. Kommentar

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