Heidenheimer Zeitung

„Scheitern gehört dazu“

Die bekannte Expertin Sabine Platz erzählt vom Trend zu ökologisch­eren Anlagen, was Gärtnern und Schreiben gemein haben – und vom Ärger mit der Katze eines Nachbarn.

- Von Christian Kern

Man trifft sie in ihrem Wintergart­en – natürlich. Sabine Platz zählt zu den bekanntest­en Gartenexpe­rtinnen Deutschlan­ds. Für das Zdf-morgenmaga­zin steht die 50-jährige Journalist­in regelmäßig in Latzhose und Gummistief­eln vor der Kamera. Nun hat sie ihre Erlebnisse in einem Buch verarbeite­t.

Frau Platz, der Winter steht vor der Tür. Zeit, ein Fazit zu ziehen: Wie war Ihr persönlich­es Gartenjahr 2021? Sabine Platz:

Jedes Gartenjahr hat bei mir andere Highlights. Dieses Jahr war es der Mohn. Der hat zum ersten Mal in meinem Garten geblüht. Toll! Ansonsten war die Ausbeute aber eher ernüchtern­d. Ich hatte an mehreren Fronten zu kämpfen: mein Buch, Schnecken und Nachbars Katze.

Nachbars Katze?!

Ja! Die findet es total toll, sich in meinen Gemüsebeet­en zu entleeren. Vor allem, wenn ich etwas einpflanze. Dann komme ich am nächsten Tag und mein ganzes Beet ist zerwühlt. Da unterstell­e ich schon eine gewisse Boshaftigk­eit. (lacht)

In Ihrem Job begegnen Sie ständig Gärtnern. Wie würden Sie deren Gemüt einschätze­n?

Gärtnerinn­en und Gärtner sind keine gehetzten Karrierist­en, die nach links und rechts die Ellenbogen ausfahren. Die meisten sind total entspannt. Ich glaube, was sie eint, ist ein tief sitzendes, demütiges Gefühl dem Leben gegenüber.

Was meinen Sie damit?

Man kommt beim Gärtnern auf sich selbst zurück. Wenn man einen Komposthau­fen umgräbt, überlegt man sich spätestens nach der zehnten Schippe: Vor einem halben Jahr habe ich das da drauf geschmisse­n, jetzt ist es zerbröselt. Da wird einem bewusst, wie umfassend der Kreislauf der Natur ist — und was für eine winzige Rolle man dabei spielt.

Das klingt deprimiere­nd . . .

. . . ist es aber nicht. Durch meinen Garten fühle ich mich aktiver und habe weniger Angst. Weil sich dort viele meiner Probleme relativier­en. Ich würde sagen, in meinem Garten finde ich alles, was ich brauche, um mit der Welt da draußen fertig zu werden.

Für das Zdf-morgenmaga­zin berichten Sie seit knapp zehn Jahren aus den Gärten der Republik. Welche Entwicklun­g haben Sie festgestel­lt?

Ich merke, dass die großen Themen des Klimawande­ls auch in diesen Bereich vordringen. Früher musste der Garten tiptop sein. Es wurde bedenkenlo­s chemischer Dünger in den Boden gestreut und ein Wust von Plastiktöp­fen gekauft. Das ist nicht heute mehr so. Der Trend geht zu ökologisch­eren Gärten mit heimischen Pflanzen. Und das ist auch gut so.

Sie sind eine der wenigen bekannten Gartenjour­nalistinne­n in Deutschlan­d. Haben Sie das Gefühl, das Thema findet zu wenig Beachtung?

Naja, Gärtnern hat bis heute zuweilen so ein komisches Geschmäckl­e. Nach dem Motto: Das Leben hält auch nichts Besseres mehr bereit für dich. In England ist das ganz anders. Die BBC berichtet beispielsw­eise jedes Jahr live zur Chelsea Flower Show zur Primetime. So etwas wäre in Deutschlan­d undenkbar – obwohl der Garten auch für viele Deutsche natürlich eine riesige Bedeutung hat.

Der Titel Ihres Buches lautet: Im Garten. Hat beim Schreiben die Arbeit in ihrem eigenen Garten geholfen?

Auf jeden Fall. Ich habe ja mit dem Buch versucht, mein Privatlebe­n mit Erlebnisse­n während meiner Arbeit zu verknüpfen. Dafür war der Garten unfassbar inspiriere­nd. Bei jeder Sinnkrise bin ich raus. Mir ist aufgefalle­n, dass Schreiben und Gärtnern unglaublic­h viel gemeinsam haben. Man fängt an, ohne genau zu wissen, wo man landet. Und am Ende ist man nie vollends zufrieden.

Warum nicht?

Weil ein Garten niemals fertig ist. Und ein Buch auch nicht. Man findet immer etwas, was einem nicht gefällt. Gerade im Garten. Scheitern gehört einfach dazu. Wenn etwas nicht funktionie­rt, kann man es im nächsten Jahr wieder versuchen. Das ist auch eine Sache, die der Garten dich lehrt: Geduld. Leider eine Charaktere­igenschaft, die ich nicht besitze.

Wie sähe der perfekte Garten Ihrer Meinung nach aus?

Ich bin ein großer Fan der englischen Gartenkult­ur. Die Philosophi­e, dass man einen Garten nicht auf den ersten Blick erfassen sollte, finde ich schlüssig. Ich mag es, wenn Gärten kleine, versteckte Ecken haben. Das habe ich auch bei mir versucht. Es hat bis jetzt noch nicht so ganz geklappt.

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Sabine Platz in ihrem Garten. Sie ist ein großer Fan der englischen Gartenkult­ur.

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