Gegen die Vergiftung der Sprache
Die Ausstellung „Man wird ja wohl noch sagen dürfen. . .“befasst sich mit demokratiefeindlichen Begriffen.
Heidenheim. „Heimat“und „Widerstand“: Begriffe, mit denen die meisten Menschen zunächst wohl eher etwas Positives assoziieren. Doch sie können – in den falschen Händen – auch eine Waffe sein. Warum das so ist, das möchte die Wechselausstellung „Man wird ja wohl noch sagen dürfen. . .“erklären. Aktuell ist die Ausstellung des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg Ulm im Foyer der Technischen Schule in Heidenheim zu Gast.
Vergiftung der Sprache
„Asozial“und „Lügenpresse“, „Schuldkult“und „völkisch: Was bedeuten diese Wörter? Wie wurden sie früher und wie werden sie heute verwendet? Und was kann man gegen die „Vergiftung“der Sprache tun? Eine Klasse im ersten Jahr des Technischen Berufskollegs hat die Ausstellung gemeinsam mit ihrem Lehrer Dr. Sandro Lampariello besucht. „Die Klasse sollte im Vorfeld zwar Begriffe und Phrasen sammeln, die negativ belastet sind. In die Ausstellung sollten sie jedoch gewissermaßen unbedarft gehen“, erklärt Lampariello. In einigen Fällen zeigt sich: Nicht bei jedem Begriff ist den jungen Menschen sofort klar, warum er vor allem
heute negativ konnotiert ist. Ümit Yazici (18) und Can Imer (16) beispielsweise war laut eigener Aussage nicht bewusst, welche Hintergründe
die Wörter „Volksgemeinschaft“und „völkisch“haben. In anderen Fällen jedoch schon: „Der Begriff ‚Lügenpresse’ hat mich überrascht. Wie kommt ein Mensch darauf, das Journalisten zu unterstellen?“, fragt etwa Imer.
Und Yazici zieht Parallen zu Begriffen, die sich zwar nicht in der Ausstellung wiederfinden, jedoch in der heutigen Zeit oft leichtsinnig verwendet werden. „Viele Menschen nennen andere ‚Hurensohn’ oder ‚Hurentochter’. Dabei wird immer die Mutter des anderen miteinbezogen, obwohl sie natürlich nichts damit zu tun hat“, so der 18-Jährige.
Symposium macht’s vor
Es ist diese kritische Auseinandersetzung mit historischen wie modernen Begriffen, die sich sowohl die Ausstellung von ihren Besucherinnen und Besuchern als auch Lampariello von seiner Klasse erhofft. Im nächsten Schritt soll diese eigene Plakaten erstellen, die sich thematisch in die Ausstellung einordnen könnten.
„Man wird ja wohl noch sagen dürfen. . .“ist nicht das erste Projekt seiner Art, dass im Kreis Heidenheim aufschlägt. „Ich bin vor zwei Jahren bei einem Symposium der Georg-elser-gedenkstätte in Königsbronn auf das Thema aufmerksam geworden“, berichtet Diplom-sozialpädagoge Hans-dieter Diebold von der Heid Tech, der die Ausstellung an die Schule geholt hat. Aus eigener Erfahrung wisse er, dass menschenverachtende und demokratiefeindliche Sprache sowohl im politischen Raum als auch im eigenen Bekanntenkreis zunehme – und Aufklärung deswegen essentiell sei.