In der Realpolitik
Der weihnachtliche Gänsebraten ist gerade erst verdaut, der letzte Tropfen Silvestersekt geschlürft, da hat die Eu-kommission der deutschen Bundesregierung die erste Zitrone des Jahres aufgetischt. Brüssel will Investitionen in Atom- und Gasenergie als klimafreundlich einstufen. Vor allem für die Grünen ist es eine schmerzhafte Stunde in Sachen Realpolitik.
Die Marschrichtung der Ampel bei der Klimapolitik ist klar: Strom soll künftig von Sonne und Windrädern erzeugt werden. Diesen Klimaschutz-weg hatten sich die Grünen auch für Europa erdacht. Doch die europäischen Verbündeten setzen lieber auf Atomkraft. Bundesminister Habeck und Lemke verurteilten – wie SPD und FDP – die Kernenergie scharf. Im Gegensatz zu ihren Koalitionspartnern haben sie auch nichts für die Nutzung von Erdgas übrig.
Die Kritik ist verständlich, weil die Grünen ihre Kernklientel nicht verprellen wollen. Zugleich wissen sie, dass Gas notwendig ist, solange noch nicht genug Windräder gebaut wurden. Politisch stecken die Grünen daher in der Zwickmühle. Sollen sie auf einen noch härteren Konfrontationskurs gehen und eine Koalitionskrise auslösen? Oder akzeptieren sie, dass sich die meisten Eu-staaten nicht am grünen Klimaideal orientieren?
Es wird nicht die letzte schmerzhafte Entscheidung sein. So ist immer noch nicht geklärt, wie der Konflikt zwischen Vogelschützern und den Befürwortern eines massiven Ausbaus von Windrädern gelöst werden soll. All das könnte die Partei zerreiben, Ideale an der Realität zerbersten lassen und die Führung an ihre Grenzen bringen. Die Grünen sind in der Realpolitik angekommen, ob es ihnen schmeckt oder nicht.