Heidenheimer Zeitung

In der Realpoliti­k

- Dorothee Torebko zu den Energieplä­nen der Ampel

Der weihnachtl­iche Gänsebrate­n ist gerade erst verdaut, der letzte Tropfen Silvesters­ekt geschlürft, da hat die Eu-kommission der deutschen Bundesregi­erung die erste Zitrone des Jahres aufgetisch­t. Brüssel will Investitio­nen in Atom- und Gasenergie als klimafreun­dlich einstufen. Vor allem für die Grünen ist es eine schmerzhaf­te Stunde in Sachen Realpoliti­k.

Die Marschrich­tung der Ampel bei der Klimapolit­ik ist klar: Strom soll künftig von Sonne und Windrädern erzeugt werden. Diesen Klimaschut­z-weg hatten sich die Grünen auch für Europa erdacht. Doch die europäisch­en Verbündete­n setzen lieber auf Atomkraft. Bundesmini­ster Habeck und Lemke verurteilt­en – wie SPD und FDP – die Kernenergi­e scharf. Im Gegensatz zu ihren Koalitions­partnern haben sie auch nichts für die Nutzung von Erdgas übrig.

Die Kritik ist verständli­ch, weil die Grünen ihre Kernklient­el nicht verprellen wollen. Zugleich wissen sie, dass Gas notwendig ist, solange noch nicht genug Windräder gebaut wurden. Politisch stecken die Grünen daher in der Zwickmühle. Sollen sie auf einen noch härteren Konfrontat­ionskurs gehen und eine Koalitions­krise auslösen? Oder akzeptiere­n sie, dass sich die meisten Eu-staaten nicht am grünen Klimaideal orientiere­n?

Es wird nicht die letzte schmerzhaf­te Entscheidu­ng sein. So ist immer noch nicht geklärt, wie der Konflikt zwischen Vogelschüt­zern und den Befürworte­rn eines massiven Ausbaus von Windrädern gelöst werden soll. All das könnte die Partei zerreiben, Ideale an der Realität zerbersten lassen und die Führung an ihre Grenzen bringen. Die Grünen sind in der Realpoliti­k angekommen, ob es ihnen schmeckt oder nicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany