Heidenheimer Zeitung

Liebe Schwurbler,

- Karin Fuchs

ich habe ein neues Wort gelernt. Dank Euch, liebe Schwurbler. Ich gestehe, dass ich den Ausdruck Schwurbler vor der Corona-pandemie und ihren gesellscha­ftlichen Begleiters­cheinungen nicht gekannt und noch nie gehört habe.

Die Stärke der Sprachlosi­gkeit korreliert damit, wie häufig Ihr, liebe Schwurbler, Euch zu Wort meldet. Wenn sich Menschen nach einem Youtube- und Twitter-studium befähigt fühlen, auf Augenhöhe mit Wissenschh­aftlern und Medizinern zu diskutiere­n und deren Ergebnisse als falsch darstellen, dann wird es schwierig mit den Worten. Doch warum nennt man Euch, liebe Schwurbler, eigentlich so?

Ja, auch Journalist­en fehlen manchmal die Worte. Wenn Journalist­en eine Antwort suchen, beginnen sie zu recherchie­ren. Das tun wir in der Regel nach dem Zwei-quellenpri­nzip. Das heißt: Wir befragen zwei glaubwürdi­ge und voneinande­r unabhängig­e Quellen.

In diesem Fall steht der Duden an erster Stelle, die Instanz, was deutsche Sprache angeht. Schlagen wir also nach unter Schw . . . und suchen nach Schwurbler. Welch eine Überraschu­ng: Den Begriff kennt der Duden nicht. Dafür das Verb schwurbeln. Das heißt laut Duden so viel wie: Unsinn erzählen.

Auch die zweite Quelle, die Online-enzyklopäd­ie Wikipedia, kennt den Schwurbler nicht, erklärt dafür das Wort Geschwurbe­l, das sei ähnlich wie Geschwafel. Wikipedia wird sogar noch genauer und erklärt, dass Geschwurbe­l auf das mittelhoch­deutschen Wort „swerben“zurückzufü­hren ist, was wiederum soviel heißt wie schwindlig werden, taumeln, sich im Kreise drehen, sich wirbelnd bewegen, wirbelnd sich bewegen, in verwirrter Menge sich bewegen.

Womit ich wieder bei Euch bin, liebe Schwurbler. Euch gibt es gar nicht. Mir muss also nicht schwindeli­g werden, wenn der nette Nachbar schwurbelt und ich bei der Recherche auf der Internetse­ite eines Heidenheim­er Arztes auf Geschwurbe­l stoße. Alles nur Fake. Welch ein Glück! Aber das, liebe Schwurbler, lest Ihr ja eh nicht.

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