Heidenheimer Zeitung

Besessen von Fußball

Vom ehrgeizige­n Schüler aus Ulm zum Macher des FC Bayern München: Der einstige Manager und Präsident des Rekordmeis­ters wird am Mittwoch 70.

- Von Gerold Knehr

In und um Ulm herum, da wussten sie es schon viel früher als anderswo: „Der Uli, das war schon immer ein Überfliege­r.“Was Gerhard „Jacky“Buck, sein einstiger Mitspieler bei der TSG Ulm 1846, und viele Weggefährt­en sich über Uli Hoeneß, den großen Fußballer der Donaustadt, der an diesem Mittwoch seinen 70. Geburtstag feiert, erzählen, erreicht fast schon legendäre Anklänge.

Beispiele gefällig? Im Sommer 1960, als Klein Uli gerade mal acht Jahre war, schickte ihn seine Mutter Paula übers Pfingstwoc­henende ins Zeltlager der Kirchengem­einde bei Memmingen. Am selben Wochenende jedoch spielte seine Jugendmann­schaft des VFB Ulm um die Bezirksmei­sterschaft. Hoeneß buchste aus dem Camp aus, fuhr mit dem Fahrrad die rund 50 km lange Strecke nach Ulm und kam zur Halbzeit auf dem Sportplatz an. Sein Team lag 0:4 zurück – und holte sich dank des 6:4 doch noch den Titel. Alle Treffer erzielte? Uli Hoeneß.

Ähnliches wiederholt­e sich. Als 17-jähriger „Jüngling mit fast herkulisch­er Gestalt“, wie diese Zeitung damals schrieb, spielte er, obgleich noch A-junior, seine erste Saison bei den Männern der TSG Ulm 1846 in der damaligen 1. Amateurlig­a Nordwürtte­mberg – und war auf Anhieb mit 22 Saisontref­fern Torschütze­nkönig. „In Nürtingen wurde Uli in der Halbzeit eingewechs­elt“, erinnert sich sein neun Jahre älterer einstiger Mitspieler Buck. Am Vormittag hatte Hoeneß noch in Neu-isenburg für die Süddeutsch­e Jugendausw­ahl gespielt. Nach dem 3:3 gegen Berlin ließ er sich nach Nürtingen chauffiere­n und erzielte beim 3:1 der Ulmer mit einem sehenswert­en Solo den dritten Treffer der Spatzen.

Das Loslassen fällt schwer

Diese Fußballbes­sessenheit, dieser Erfolgshun­ger sind Hoeneß bis heute geblieben – und waren dem Ulmer Metzgersoh­n Fluch und Segen zugleich. Bereits mit 27 Jahren musste er seine aktive Karriere nach einer Knieoperat­ion beenden. Doch diese Zeit reichte dem Frühreifen zu je einem EM- und Wm-titel (1972, 74), zu drei deutschen Meistersch­aften und zu drei Europapoka­lsiegen mit dem FC Bayern (1974 – 76). Noch beeindruck­ender als seine Erfolge auf dem Rasen sind die unter seiner Ägide als Manager und Präsident. 31 Mal wurden die Münchner deutscher Meister, an 29 dieser Titel war er als Spieler, Funktionär oder Ehrenpräsi­dent (seit 2019) beteiligt. Das Loslassen von seinem Lebenswerk FC Bayern fällt ihm schwer. Mit seiner Meinung – egal ob über Erling Haaland, den DFB oder Gesundheit­sminister Karl Lauterbach – hält er auch ohne Amt nicht hinter den Berg.

Hoeneß war immer einer, der polarisier­te. Man mag ihn, oder man mag ihn nicht. Legendär waren seine Fehden, etwa mit Willi Lemke, Christoph Daum. Mit Paul Breitner hat er sich ausgesöhnt.

Auf der anderen Seite zeigte Hoeneß immer wieder sein großes Herz. Er ließ sein Team „Retterspie­le“gegen finanziell in Not befindlich­e Vereine bestreiten, denen die gesamten Einnahmen zukamen. Oder er setzte sich für ehemalige Spieler der Bayern-familie ein, die in Schwierigk­eiten geraten waren.

Seine eigene Maßlosigke­it brachte auch ihn in Schwierigk­eiten. Er zockte mit Millionens­ummen an der Börse, hinterzog im Jahr 2013 28,5 Millionen Euro an Steuern und wurde zu einer dreieinhal­bjährigen Gefängniss­trafe verurteilt. „Ich habe einen Riesenfehl­er gemacht und habe für meinen Fehler gebüßt“, sagt Hoeneß über das dunkelste Kapitel seines Lebens.

In dieser Zeit gaben ihm Ehefrau Susi und die Kinder Florian und Sabine Halt. „Ohne sie hätte ich alles, was ich erlebt habe, nie geschafft.“Mit ihnen wird Hoeneß seinen 70. Geburtstag feiern. Eine größere Fete lässt Corona nicht zu. Die will er im Sommer, wenn auch seine Susi 70 wird, nachholen. Sie kennt er schon seit Ulmer Schulzeite­n und war bereits an seiner Seite, als Uli als 17-Jähriger mit seinen Ulmer Fußballerk­umpeln Buck und Co. einen Campingurl­aub im damaligen Jugoslawie­n machte.

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DEL, 38. Spieltag

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Im Trikot der TSG Ulm 1846 begann die Karriere.
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