Heidenheimer Zeitung

„Gefährlich­er Mensch“

- Stefan Kegel

Der Münsterane­r Politikwis­senschaftl­er und Kommunikat­ionscoach Hermann Hagemann hat sich mit der Psychologi­e von Kremlchef Wladimir Putin befasst. Er hält dessen jüngste nukleare Drohungen nicht für einen Bluff.

Wladimir Putin hat seine Drohung mit Atomwaffen mit den Worten unterstric­hen: „Das ist kein Bluff.“Wie ernst sollten wir diese Drohung nehmen? Hermann Hagemann:

Diese Drohungen sind sehr ernst zu nehmen. Wladimir Putin ist ein sehr gefährlich­er Mensch. Und es gibt für ihn zurzeit keine Exit-strategie. Im Falle einer militärisc­hen Niederlage drohen ihm Haft, ein Prozess oder der Tod. Auch innerhalb Russlands hätte er im Falle seines Machtverlu­sts mit Verfolgung zu rechnen. Putin hat jetzt davon gesprochen, dass er Russland angegriffe­n sieht. Er redet sich in eine Situation der nationalen Verteidigu­ng hinein. Wenn er sich oder sein Land in die Ecke gedrängt fühlte, könnte er sozusagen mit einem erweiterte­n Suizid reagieren, einem Atomkrieg. Das macht ihn so gefährlich.

Wie reagiert ein Despot wie Putin, wenn er sich bedrängt fühlt?

Waffenlief­erungen an die Ukraine erschrecke­n Putin nicht. Er lebt in einer Welt der Waffen, der Gewalt und der Repression. Ehre gilt in Russland als hoher Wert, der auch Gewalt rechtferti­gt. Auch die nationale Ehre darf in Russland mit Gewalt verteidigt werden. Und die erstreckt sich in den Augen Putins auch auf die russischsp­rachigen Menschen auf der Krim oder in der Ostukraine.

Was macht Putin in Ihrer Einschätzu­ng zu einem gefährlich­en Menschen?

Drei Dinge kommen da zusammen. Zum einen eine Kränkung, das Gefühl, in seiner Wertigkeit nicht gesehen zu werden. Hinzu kommt ein Element von Antipathie, etwa seine Ablehnung der westlichen Lebensweis­e und Werte. Das dritte Element einer gefährlich­en Person ist schließlic­h die Zulässigke­it von Gewalt in ihrem Umfeld. Im Geheimdien­st KGB, in dem Putin groß geworden ist, war Gewalt ein legitimes Mittel.

Können gefährlich­e Menschen wie Putin durch ihr Umfeld eingehegt werden?

Für so rational halte ich ihn. Das Problem bei Putin ist aber, dass er sich mit Menschen umgeben hat, die genauso denken wie er und von ihm abhängig sind. Sie sind Teil des Systems. Auf eine Palastrevo­lution zu hoffen, ist daher Wunschdenk­en.

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Foto: Privat Der Kommunikat­ionstraine­r Hermann Hagemann.

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