Heidenheimer Zeitung

„Wie beim Rechner“

- Michael Gabel

Ulrike Cress ist Direktorin des Leibniz-instituts für Wissensmed­ien in Tübingen. Chatbots – also Roboter, mit denen man sich „unterhalte­n“kann – lassen sich gut in den Schulunter­richt integriere­n, sagt sie.

Wird CHATGPT den Schulunter­richt nachhaltig verändern? Ulrike Cress:

Ja, ich denke schon. Ich glaube, Lehrkräfte müssen lernen, den CHATGPT als Realität zu akzeptiere­n. Aber sie müssen nachdenken, wie sie ihn sinnvoll einsetzen.

Und wie soll das geschehen?

Indem sie Aufgaben finden, bei denen Kinder den Bot als Werkzeug benutzen. Wenn der Bot einen Text erzeugt, sollen die Schüler zum Beispiel fragen, worauf die Aussagen beruhen und welche Quellen benutzt werden. Ich glaube, da lassen sich kreative Aufgaben finden.

Wie ließe sich der Chat GPT noch einsetzen?

Zum Beispiel bei einem Quiz. Man könnte durch geschickte Fragen vielleicht entdecken, wo der Bot falsch liegt.

Werden Schüler den CHATGPT nicht vor allem verwenden, um die Lehrer auszutrick­sen?

Auf jeden Fall, das werden sie versuchen. Gerade deshalb müssen die Aufgaben ja anders aussehen. Also nicht: Formuliere mal einen Text zu irgendwas. Sondern lieber die Schüler fragen: Wie kommst Du zu dieser Einschätzu­ng, nenne mir die Quelle. Oder Lehrkräfte lassen zu, dass der Bot benutzt wird, verlangen aber, dass protokolli­ert wird, was mein Anteil als Schüler ist, und was ist der Bot-anteil.

Gefahren sehen Sie keine?

Ich denke, es wird so ähnlich kommen wie mit dem Taschenrec­hner. Damals hieß es auch zunächst, man muss ihn verbieten,

sonst lernen die Kinder nicht mehr, selbststän­dig zu rechnen. Inzwischen ist es völlig normal, ihn in den Unterricht zu integriere­n, und im Mathematik-unterricht gibt es Phasen mit und ohne den Rechner. So sollte es auch beim Umgang mit dem Chatbot sein.

Gibt es da nicht auch Unterschie­de?

Ja, schon. Beim Taschenrec­hner ist es immer richtig, was rauskommt. Das ist bei einem Bot schwierige­r. Jetzt kommt es eher darauf an, dass die Kinder lernen, kritisch zu hinterfrag­en: Stimmt es, was der schreibt? Deshalb wird es vielleicht noch wichtiger werden, dass Kinder und Jugendlich­e ihr eigenes Wissen aufbauen. Denn erst dann können sie die Texte des Bots kritisch hinterfrag­en.

 ?? ?? Ulrike Cress. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Ulrike Cress. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany