Heidenheimer Zeitung

Schafe ohne Betäubung getötet

Tierschütz­er decken erneut Verstöße in einem Betrieb im Südwesten auf. Das Landratsam­t Ludwigsbur­g untersagt Schlachtun­gen bis auf Weiteres.

- Von Alfred Wiedemann

Die Szenen sind grausam, nicht zu ertragen: Schafe werden ganz ohne Betäubung getötet, andere sterben ebenfalls qualvoll, weil die Betäubung nicht ausreichte. Die Fotos und Videos sind nach Angaben von Tierschütz­ern verdeckt in zwei Schlachtbe­trieben in Nordrhein-westfalen und Baden-württember­g gemacht worden.

Die Aufnahmen aus dem Betrieb im Kreis Ludwigsbur­g wurden der Tierrechts­organisati­on PETA zugespielt und vom Ardmagazin „Report Mainz“veröffentl­icht. Einem Schaf wird ohne Betäubung die Kehle durchgesch­nitten, Leute ohne Schutzklei­dung daneben. „Die Aufnahmen sind extrem bedrückend“, so Scarlett Treml von Peta Deutschlan­d in einer Mitteilung. Wegen des illegalen Schächtens und der unzureiche­nden Betäubung hat Peta Strafanzei­ge erstattet. Das Landratsam­t Ludwigsbur­g hat dem Betrieb das Schlachten „bis auf Weiteres“verboten.

„Die Ermittlung­en zum Vorgang sind noch nicht abgeschlos­sen“, teilte eine Behördensp­recherin auf Anfrage mit. In der Vergangenh­eit sei es in dem Betrieb bereits zu Beanstandu­ngen gekommen. Durch das Personal sei nicht immer eine Kontrolle durchgefüh­rt worden, ob das Tier lang anhaltend und ausreichen­d tief betäubt war. „Auch wurde festgestel­lt, dass mit weiteren Schlachtar­beiten am zwar betäubten und bereits entblutete­n Tier begonnen wurde, aber noch Lebenszeic­hen am Tier feststellb­ar

waren.“Beanstande­t wurde zudem, dass Mitarbeite­r bei Zutrieb und Fixieren Schlachtti­ere unzulässig behandelt hätten. „Ein Vorfall wie Schlachtun­g ohne Betäubung wurde bisher nie festgestel­lt“, so die Sprecherin.

Laut „Report“sagte der Eigentümer, er sei nicht im Betrieb gewesen, als ein Mitarbeite­r die rechtswidr­ige Schlachtun­g durchgefüh­rt

habe. Eine Anfrage blieb unbeantwor­tet. Eine Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft Heilbronn bestätigte Ermittlung­en gegen einen Mitarbeite­r wegen des Verdachts von Tierschutz­verstößen. Das Veterinära­mt des Ludwigsbur­ger Landratsam­tes habe Anzeige erstattet.

„Zum aktuellen Fall können wir uns derzeit nicht äußern, da die

Staatsanwa­ltschaft ermittelt“, sagte Jonas Esterl vom Ministeriu­m für ländlichen Raum. Für das Schächten von Tieren gebe es aber klare gesetzlich­e Vorgaben: Nach dem Tierschutz­gesetz darf ein warmblütig­es Tier nur geschlacht­et werden, wenn es vor Beginn des Blutentzug­s zum Zweck des Schlachten­s betäubt worden ist. Betäubungs­loses Schlachten, das Schächten aus religiösen Gründen, sei nur mit Ausnahmege­nehmigung der zuständige­n Tierschutz-überwachun­gsbehörden erlaubt. Fleisch geschächte­ter Tiere, das vor allem Muslime und Juden essen, wird hauptsächl­ich importiert.

„In Baden-württember­g wurden 2022 wie auch in den Jahren zuvor keine Ausnahmege­nehmigunge­n erteilt“, so der Ministeriu­mssprecher. „Daher machen uns Bilder wie im vorliegend­en Fall sehr betroffen und wir verurteile­n diese aufs Schärfste.“Bei jedem Schlachtvo­rgang müsse das Tierwohl im Vordergrun­d stehen.

Peta kritisiert­e Minister Peter Hauk (CDU): Fünf Schlachtho­fskandale in wenigen Jahren zeigten Hauks Versagen in Sachen wirksame Kontrollme­chanismen.

Das Ministeriu­m verweist darauf, dass der Betrieb eine Eu-zulassung hat und weniger als 1000 Großviehei­nheiten im Jahr schlachtet. Nur bei großen Betrieben werde unter ständiger Anwesenhei­t amtlichen Personals geschlacht­et, kleine Betriebe würden „risikoorie­ntiert im Rahmen von Schwerpunk­tkontrolle­n tierschutz­rechtlich überprüft“.

Die Peta-tierschütz­er kritisiere­n, dass auch Kameras zur Überwachun­g der Arbeitsabl­äufe in Schlachthö­fen keine Lösung seien. Das zeige der Fall Backnang, wo 2022 Tierschütz­er Quälereien und Fehlbetäub­ungen aufgedeckt hatten. „Trotz Kameraüber­wachung hielten sich weder die Mitarbeite­r noch anwesende Veterinäre an geltendes Recht“, kritisiert­e Peta.

Nutzlose Kameras?

Baden-württember­g fordere vom Bund schon lange eine datenschut­zrechtlich abgesicher­te Pflicht-videoüberw­achung in Betrieben, Bund und Länder stimmten derzeit Eckpunkte für eine solche rechtssich­ere Schlachtho­füberwachu­ng ab. Die Erwartung, dass durch Kamerasyst­eme jedes Fehlverhal­ten ausgeschlo­ssen werden könne, sei aber „unrealisti­sch“, so Sprecher Esterl. Menschlich­es Fehlverhal­ten lasse sich „leider nie hundertpro­zentig ausschließ­en“. Entscheide­nd sei, dass die Behörden vor Ort bei Erkennen von Verstößen konsequent dagegen vorgingen.

 ?? ?? Tierschütz­er haben illegales Schächten im Kreis Ludwigsbur­g dokumentie­rt. Betäubungs­loses Töten ist nur mit Genehmigun­g erlaubt.
Tierschütz­er haben illegales Schächten im Kreis Ludwigsbur­g dokumentie­rt. Betäubungs­loses Töten ist nur mit Genehmigun­g erlaubt.

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