Schafe ohne Betäubung getötet
Tierschützer decken erneut Verstöße in einem Betrieb im Südwesten auf. Das Landratsamt Ludwigsburg untersagt Schlachtungen bis auf Weiteres.
Die Szenen sind grausam, nicht zu ertragen: Schafe werden ganz ohne Betäubung getötet, andere sterben ebenfalls qualvoll, weil die Betäubung nicht ausreichte. Die Fotos und Videos sind nach Angaben von Tierschützern verdeckt in zwei Schlachtbetrieben in Nordrhein-westfalen und Baden-württemberg gemacht worden.
Die Aufnahmen aus dem Betrieb im Kreis Ludwigsburg wurden der Tierrechtsorganisation PETA zugespielt und vom Ardmagazin „Report Mainz“veröffentlicht. Einem Schaf wird ohne Betäubung die Kehle durchgeschnitten, Leute ohne Schutzkleidung daneben. „Die Aufnahmen sind extrem bedrückend“, so Scarlett Treml von Peta Deutschland in einer Mitteilung. Wegen des illegalen Schächtens und der unzureichenden Betäubung hat Peta Strafanzeige erstattet. Das Landratsamt Ludwigsburg hat dem Betrieb das Schlachten „bis auf Weiteres“verboten.
„Die Ermittlungen zum Vorgang sind noch nicht abgeschlossen“, teilte eine Behördensprecherin auf Anfrage mit. In der Vergangenheit sei es in dem Betrieb bereits zu Beanstandungen gekommen. Durch das Personal sei nicht immer eine Kontrolle durchgeführt worden, ob das Tier lang anhaltend und ausreichend tief betäubt war. „Auch wurde festgestellt, dass mit weiteren Schlachtarbeiten am zwar betäubten und bereits entbluteten Tier begonnen wurde, aber noch Lebenszeichen am Tier feststellbar
waren.“Beanstandet wurde zudem, dass Mitarbeiter bei Zutrieb und Fixieren Schlachttiere unzulässig behandelt hätten. „Ein Vorfall wie Schlachtung ohne Betäubung wurde bisher nie festgestellt“, so die Sprecherin.
Laut „Report“sagte der Eigentümer, er sei nicht im Betrieb gewesen, als ein Mitarbeiter die rechtswidrige Schlachtung durchgeführt
habe. Eine Anfrage blieb unbeantwortet. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Heilbronn bestätigte Ermittlungen gegen einen Mitarbeiter wegen des Verdachts von Tierschutzverstößen. Das Veterinäramt des Ludwigsburger Landratsamtes habe Anzeige erstattet.
„Zum aktuellen Fall können wir uns derzeit nicht äußern, da die
Staatsanwaltschaft ermittelt“, sagte Jonas Esterl vom Ministerium für ländlichen Raum. Für das Schächten von Tieren gebe es aber klare gesetzliche Vorgaben: Nach dem Tierschutzgesetz darf ein warmblütiges Tier nur geschlachtet werden, wenn es vor Beginn des Blutentzugs zum Zweck des Schlachtens betäubt worden ist. Betäubungsloses Schlachten, das Schächten aus religiösen Gründen, sei nur mit Ausnahmegenehmigung der zuständigen Tierschutz-überwachungsbehörden erlaubt. Fleisch geschächteter Tiere, das vor allem Muslime und Juden essen, wird hauptsächlich importiert.
„In Baden-württemberg wurden 2022 wie auch in den Jahren zuvor keine Ausnahmegenehmigungen erteilt“, so der Ministeriumssprecher. „Daher machen uns Bilder wie im vorliegenden Fall sehr betroffen und wir verurteilen diese aufs Schärfste.“Bei jedem Schlachtvorgang müsse das Tierwohl im Vordergrund stehen.
Peta kritisierte Minister Peter Hauk (CDU): Fünf Schlachthofskandale in wenigen Jahren zeigten Hauks Versagen in Sachen wirksame Kontrollmechanismen.
Das Ministerium verweist darauf, dass der Betrieb eine Eu-zulassung hat und weniger als 1000 Großvieheinheiten im Jahr schlachtet. Nur bei großen Betrieben werde unter ständiger Anwesenheit amtlichen Personals geschlachtet, kleine Betriebe würden „risikoorientiert im Rahmen von Schwerpunktkontrollen tierschutzrechtlich überprüft“.
Die Peta-tierschützer kritisieren, dass auch Kameras zur Überwachung der Arbeitsabläufe in Schlachthöfen keine Lösung seien. Das zeige der Fall Backnang, wo 2022 Tierschützer Quälereien und Fehlbetäubungen aufgedeckt hatten. „Trotz Kameraüberwachung hielten sich weder die Mitarbeiter noch anwesende Veterinäre an geltendes Recht“, kritisierte Peta.
Nutzlose Kameras?
Baden-württemberg fordere vom Bund schon lange eine datenschutzrechtlich abgesicherte Pflicht-videoüberwachung in Betrieben, Bund und Länder stimmten derzeit Eckpunkte für eine solche rechtssichere Schlachthofüberwachung ab. Die Erwartung, dass durch Kamerasysteme jedes Fehlverhalten ausgeschlossen werden könne, sei aber „unrealistisch“, so Sprecher Esterl. Menschliches Fehlverhalten lasse sich „leider nie hundertprozentig ausschließen“. Entscheidend sei, dass die Behörden vor Ort bei Erkennen von Verstößen konsequent dagegen vorgingen.