Angreifer schweigt vor Haftrichter
Der Schock nach der Messerattacke in einem Regionalzug sitzt tief. Eine Auswertung zeigt: Die Taten häufen sich.
Nach der Messerattacke in einem Regionalzug bei Brokstedt in Schleswig-holstein hat der mutmaßliche Täter beim Haftrichter-termin keine Aussagen zur Sache gemacht und geschwiegen. Nach Vorliegen von Ermittlungsergebnissen werde er mit seinem Mandanten sprechen, sagte Anwalt Björn Seelbach am Samstag auf Anfrage.
Der 33-jährige staatenlose Palästinenser war am Mittwoch nach dem Messerangriff als dringend tatverdächtig festgenommen worden. Bei der Tat starben zwei Menschen, fünf wurden schwer verletzt. Gegen den Mann wurde Haftbefehl wegen zweifachen Mordes und versuchten Totschlags in vier Fällen erlassen. Der Verdächtige war nur wenige Tage vor der Tat aus der Untersuchungshaft entlassen worden.
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV), Thomas Oberhäuser, verneinte am Samstag im Deutschlandfunk die Frage, ob Justiz und Verwaltung die Tat hätten verhindern können. Er verwies auf rechtliche Abwägungen und Vorgaben in Untersuchungshaft-fällen. Die Tat hätte allenfalls dadurch verhindern können, dass sie ihn weiterhin in Untersuchungshaft gehalten hätten, so Oberhäuser. „Aber da hat die Justiz entschieden, dass das unverhältnismäßig gewesen wäre.“
Messerangriffe nehmen zu
Ibrahim A. saß bereits seit Januar 2022 in U-haft, da er einen Mann in einer Obdachlosenunterkunft mit einem Messer verletzt hatte. Ein Amtsgericht verurteilte ihn dafür im August wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls zu einem Jahr und einer Woche Haft. Dagegen hatte A. Berufung eingelegt. Kurz vor Ablauf des Strafmaßes wurde der Haftbefehl am 19. Januar 2023 aufgehoben.
Einem aktuellen Bericht zufolge hat sich die Zahl der Gewalttaten mit Messern in Zügen und auf Bahnhöfen im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt im Vergleich zu 2021. Die Bundespolizei habe 336 solcher Taten registriert, berichtete die „Bild am Sonntag“und berief sich dabei auf eine polizeiliche Auswertung. Insgesamt seien 398 848 Straftaten verzeichnet worden, zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. In Zügen seien 82 Messerangriffe gezählt worden, 97 Übergriffe mit anderen gefährlichen Werkzeugen und fünf Angriffe mit Waffengewalt. Die Zahl der Sexualstraftaten sei von 697 auf 857 gestiegen.