Ein Fremdkörper
Der innere Zwiespalt, den das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) in Christian Lindner ausgelöst hat, sieht ungefähr so aus: Einerseits müsste der oberste Haushälter der Republik aufatmen. Für die elf Milliarden Euro, die sich pro Jahr aus der Steuer ergeben, muss der Finanzminister jetzt keinen Ersatz finden. Den FDP-CHEF Lindner hingegen dürfte andererseits ein wenig Frust befallen, hatten er und seine Partei doch erhebliche Anstrengungen unternommen, den seit mehr als 30 Jahren (mit einer kurzen Unterbrechung) geltenden Soli zu Fall zu bringen. Diese Lücke im Haushalt hätte Lindner wohl nur zu gerne gestopft.
Nach Einschätzung der Bfh-richter kann der Soli noch sehr lange und auch nur bei den Besserverdienern erhoben werden. Gegen die Verfassung verstoße die Steuer auf die Steuerschuld jedenfalls nicht, denn der Aufbau
im Osten koste den Staat auch weiterhin und auf nicht absehbare
Zeit viel Geld, und zudem könne der Gesetzgeber durchaus entscheiden, dass manche gesellschaftlichen Gruppen höhere Steuern zahlen als andere.
Die Argumentation ist schlüssig. Doch muss sich die juristische Einschätzung ja nicht mit der politischen decken. Und hier wirkt der Soli wie ein Fremdkörper, den die Deutschen entrichten, obwohl der Grund entfallen ist. Er gilt damit als Beweis eines gierigen Staates. Besser wäre es gewesen, den Soli abzuschaffen und die Einkommensteuer entsprechend anzuheben. Das wäre ein transparentes Vorgehen gewesen. Man hätte es nutzen können, um den Spitzensteuersatz anzuheben und den Anstieg der Steuerlast bei den mittleren Einkommen abzuflachen. Doch dazu fehlte der Großen Koalition die Kraft, und Lindner wird das auf keinen Fall wollen.