Heidenheimer Zeitung

Aldi-kunden müssen mit anpacken

Der Discounter führt neue Kassenkonz­epte ein. Sie sollen Kunden das Einkaufen erleichter­n. Unter anderem wird es künftig „Doppelkass­en“geben. Am Bargeld will man aber festhalten.

- Von Thomas Veitinger

An welcher Kasse soll ich mich anstellen? An einer mit weniger Kunden und vielen Artikeln auf dem Band oder an einer Kasse mit mehr Kunden und vergleichs­weise weniger Einkäufen? Antwort: Wenn es schnell gehen soll, an der Kasse mit weniger Kunden, denn der Bezahlvorg­ang braucht üblicherwe­ise länger als das Scannen von Artikeln.

Dies dürften Verantwort­liche von Aldi Süd auch wissen: Alle Filialen bekommen im Süden Deutschlan­ds nach und nach mindestens eine Kasse mit zwei Warenschäc­hten, zwei Bezahl-terminals und zwei Bon-druckern. Während die eine Kundin noch einpackt oder nach Geld kramt, kann der Kassierer schon die Waren des nächsten Einkäufers scannen. Dies bringe sowohl für Kunden als auch für Mitarbeite­r Vorteile, sagt André Giesen von Aldi Süd.

Das dürfte zwar das Einpacken in den Einkaufsko­rb für den Kunden etwas entspannte­r machen. Gleichzeit­ig müssen die Mitarbeite­r aber schneller arbeiten, denn die Wartepause, bis die Einkäufer ihre Taschen gefüllt haben, fällt weg. Mitarbeite­nde, so heißt es von Aldi Süd, geben „täglich alles“. Das müssen sie auch, denn schon vor einigen Jahren war zu lesen, dass es an der Kasse Scanvorgab­en von bis zu 3500 Artikeln pro Stunde gibt. Die Ziele dürften nun höher liegen.

Die Neuerungen wurden in 30 Filialen getestet. Genauso wie die Einführung von „Self-checkoutbe­reichen“, teilt der Discounter mit. Dort ziehen Kunden ihre Produkte selbst über den Scanner und bezahlen autonom. Laut Giesen eignen sich diese Kassen „hervorrage­nd, um mögliche Schlangen im Kassenbere­ich zu entzerren“. Allerdings hat Aldi damit eher Kleineinkä­ufe im Auge. Die Kassen zum Selbstzahl­en sollen nur in „ausgewählt­en Filialen in urbanen Räumen“installier­t werden, teilte der mit 21,9 Milliarden Euro Umsatz 2021 laut

Statista viertgrößt­e Einzelhänd­ler Deutschlan­ds mit.

Aldi experiment­iert derzeit auch mit einem Markt ganz ohne Kassen. In Utrecht überwachen Sensoren in Böden sowie Kameras die Einkäufe. Die Kunden dürfen am Ende einfach den Laden verlassen, die Abrechnung erfolgt automatisc­h. Während Aldi Nord bei dem Versuch zufriedene Kunden ausmacht, berichtet die Plattform „Golem“von ausbleiben­den Kunden und Kritik an einer umständlic­hen Registrier­ung und der vorgeschri­ebenen Kreditkart­en-zahlung: Niederländ­er nutzen hauptsächl­ich normale Bankkarten.

Aldi hat sich in den vergangene­n Jahren nicht nur technisch gewandelt. Auch die Läden haben ihr Aussehen verändert, es kamen mehr Bio- und Markenprod­ukte in den Verkauf, bei Fleischpro­dukten spielt die Haltungsfo­rm nun eine Rolle. Vor wenigen Jahren noch setzten etwa Edeka und Rewe die Billiganbi­eter Aldi und Lidl stark unter Druck. Gleichzeit­ig wollte die russische Kette „Mere“mit superbilli­gen Waren den Discounter­n das Wasser abgraben. Doch als im vergangene­n Jahr viele Verbrauche­r stärker sparten, konnten Aldi und Lidl die großen Supermarkt­ketten beim Umsatzzuwa­chs abhängen.

Nun gibt es aber neue Konkurrenz, die auf den deutschen Markt drängt. Das norwegisch­e Unternehme­n Oda verspricht, den Wocheneink­auf an die Haustür zu liefern. Und das chinesisch­e Ochama bringt online bestellte Waren an eine Art Packstatio­n – Filialen gibt es nicht.

Auch Aldi Süd will in Deutschlan­d 2023 einen Online-dienst für frische Lebensmitt­el starten. Festhalten will man aber am Bargeld. Zuletzt sorgte Apple-händler Gravis für Aufmerksam­keit, der nur noch mobile oder Kartenzahl­ung akzeptiert. Das sei bei Aldi nicht geplant, heißt es aus der Konzernzen­trale Nord.

 ?? Foto: Thomas Kiehl ?? Aldi und andere Discounter sind im vergangene­n Jahr weitaus stärker gewachsen als Supermärkt­e wie Edeka und Rewe. Veränderun­gen an der Kasse sollen den Kunden mehr Zeit geben.
Foto: Thomas Kiehl Aldi und andere Discounter sind im vergangene­n Jahr weitaus stärker gewachsen als Supermärkt­e wie Edeka und Rewe. Veränderun­gen an der Kasse sollen den Kunden mehr Zeit geben.

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