Heidenheimer Zeitung

Freie Entscheidu­ng ist gut

- Tobias Hauser zur Wehrpflich­t

Nach Panzern und Jets kocht die nächste Debatte hoch. Bundeskanz­ler Olaf Scholz hält die Aussetzung der Wehrpflich­t für einen Fehler – genau wie der neue Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius. Die Zeitenwend­e ist da und die Bedrohung aus Russland sehr real. Die beiden Spd-politiker appelliere­n an junge Menschen, ihren Teil für die Sicherheit zu leisten, nach dem Motto: Ein Wehr- oder ersatzweis­e ein Zivildiens­t ist gut fürs Land, Verantwort­ung hat noch keinem geschadet.

Sie unterlasse­n dabei allerdings eine notwendige Abwägung im Sinne der jungen Menschen. Ist der Angriff Russlands auf die Ukraine wirklich ein Grund, die Entscheidu­ngsfreihei­t aller Menschen zu beschneide­n, die volljährig werden? Für manche mag ein Wehr- oder Zivildiens­t bereichern­d sein, gar keine Frage. Für viele andere ist er allerdings ein verlorenes Jahr. Vielleicht sogar eines, in dem man unter Arbeitsums­tänden leidet, die man nicht selbst gewählt hat.

Wer nicht dient und stattdesse­n einen Beruf erlernt, studiert, Karriere macht, Steuern zahlt und sich womöglich in einem Verein engagiert, nimmt ebenfalls Verantwort­ung an und dient der Gesellscha­ft. Ob man das als Banker, Künstlerin oder Hausmeiste­r macht, ist dabei völlig egal.

Wer wie Pistorius eine irgendwie höhere Tugend des Wehr- oder Zivildiens­tes anpreist, pflegt das Märchen vom faulen und überforder­ten Jugendlich­en, dem ein staatliche­r Zwangsdien­st den Weg aufzeigt. Für viele ist ein Wehrdienst oder ein Jahr ehrenamtli­cher Arbeit nach der Schule die richtige Wahl. Denen sollte diese noch schmackhaf­ter gemacht werden. Alle anderen sollten weiterhin frei entscheide­n dürfen.

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