Freie Entscheidung ist gut
Nach Panzern und Jets kocht die nächste Debatte hoch. Bundeskanzler Olaf Scholz hält die Aussetzung der Wehrpflicht für einen Fehler – genau wie der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius. Die Zeitenwende ist da und die Bedrohung aus Russland sehr real. Die beiden Spd-politiker appellieren an junge Menschen, ihren Teil für die Sicherheit zu leisten, nach dem Motto: Ein Wehr- oder ersatzweise ein Zivildienst ist gut fürs Land, Verantwortung hat noch keinem geschadet.
Sie unterlassen dabei allerdings eine notwendige Abwägung im Sinne der jungen Menschen. Ist der Angriff Russlands auf die Ukraine wirklich ein Grund, die Entscheidungsfreiheit aller Menschen zu beschneiden, die volljährig werden? Für manche mag ein Wehr- oder Zivildienst bereichernd sein, gar keine Frage. Für viele andere ist er allerdings ein verlorenes Jahr. Vielleicht sogar eines, in dem man unter Arbeitsumständen leidet, die man nicht selbst gewählt hat.
Wer nicht dient und stattdessen einen Beruf erlernt, studiert, Karriere macht, Steuern zahlt und sich womöglich in einem Verein engagiert, nimmt ebenfalls Verantwortung an und dient der Gesellschaft. Ob man das als Banker, Künstlerin oder Hausmeister macht, ist dabei völlig egal.
Wer wie Pistorius eine irgendwie höhere Tugend des Wehr- oder Zivildienstes anpreist, pflegt das Märchen vom faulen und überforderten Jugendlichen, dem ein staatlicher Zwangsdienst den Weg aufzeigt. Für viele ist ein Wehrdienst oder ein Jahr ehrenamtlicher Arbeit nach der Schule die richtige Wahl. Denen sollte diese noch schmackhafter gemacht werden. Alle anderen sollten weiterhin frei entscheiden dürfen.