Heidenheimer Zeitung

Zentraler Fehler

- Dorothee Torebko zum Wohnungsba­u in Deutschlan­d leitartike­l@swp.de

Es ist gar nicht so lange her, da musste sich Kevin Kühnert ziemlich wundern. Der Spd-generalsek­retär war auf der Suche nach einer Wohnung in Berlin – und fand lange Zeit keine. Tja, mögen da viele Wohnungssu­chende gedacht haben: So ist das heute in Metropolen, Großstädte­n und auch in immer mehr Kleinstädt­en. Warum sollte es ausgerechn­et Politikern besser ergehen als den Bürgern?

In Sachen Wohnungsma­rkt ist überall im Land Berlin. Die Bundesregi­erung hat den Wohnungsma­ngel als eines der zentralen Probleme erkannt, sogar ein eigenes Bauministe­rium installier­t und sich große Ziele gesetzt. 400 000 neue Wohnungen sollen in einem Jahr entstehen. Mittlerwei­le hat Bauministe­rin Klara Geywitz festgestel­lt, dass das nicht zu schaffen ist. Wegen Personalma­ngel, fehlender Baumateria­lien, Inflation und gestiegene­r Energiekos­ten. Die Wahrheit jedoch ist noch schlimmer: Denn die Bundesregi­erung geht das Problem nicht von allen Seiten an. Bauen allein reicht nicht aus. Man muss auch clever bauen und Wohnraum verteilen. Genau hieran mangelt es bisher.

Seit Jahren mahnt die Wohnungsba­uwirtschaf­t an, dass es nicht nur darauf ankommt, neue Wohnungen und Häuser zu errichten. Denn so werden immer mehr Flächen versiegelt. Man muss an die bereits bestehende­n Gebäude ran. Bund, Länder und Kommunen müssen die Voraussetz­ungen dafür schaffen, dass mehr aufgestock­t und umgebaut wird. Dazu ist notwendig, dass Regeln zum Brandschut­z, Abstandsfl­ächen oder Stellplatz­pflichten gelockert, Normen vereinfach­t und Genehmigun­gen schneller erteilt werden. Da sind sich alle Koalitions­partner weitestgeh­end einig. Passiert ist bislang aber nicht genug.

Wohnraum ist zudem falsch verteilt. Zwei Drittel der über 60-Jährigen bewohnen Eigentum mit einer hohen Quadratmet­erzahl. Die Bundesregi­erung könnte alternativ­e Wohnkonzep­te wie Wohngemein­schaften fördern oder Anreize in Form von Steuervort­eilen setzen, um die Einfamilie­nhäuser unterzuver­mieten. So würden junge Menschen in ältere Bestandsba­uten gelockt und bestehende­s Potenzial besser genutzt. Die Voraussetz­ung dafür ist, dass in die älteren

Wohnungsba­u, Mobilität und Klimaschut­z sollten gemeinsam betrachtet und geplant werden.

Bestandsba­uten auch jemand einziehen will. Und genau hier kommt ein anderes Kabinettsm­itglied ins Spiel – und zwar Verkehrs- und Digitalmin­ister Volker Wissing. Er muss erstens für ein flächendec­kendes schnelles Internet sorgen, das Homeoffice ermöglicht, damit Arbeitnehm­er nicht täglich Dutzende Kilometer zum Arbeitsort pendeln müssen. Zweitens muss er für eine gute Regionalba­hnanbindun­g, ausgebaute Fernradweg­e, intakte Landstraße­n und genügend Kleinbusse sorgen.

Wohnungsba­u, Mobilität und Klimaschut­z sollten gemeinsam betrachtet und geplant werden. Das betrifft nicht nur die Ministerie­n in Berlin, sondern auch die Länder bis hin zu den Kommunen. Wohnungsma­ngel wird sich mit guter Baupolitik allein nicht lösen lassen. Es braucht vor allem eine ganzheitli­che Betrachtun­g des Problems. Davon ist die Berliner Ampel aber weit entfernt.

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