Zentraler Fehler
Es ist gar nicht so lange her, da musste sich Kevin Kühnert ziemlich wundern. Der Spd-generalsekretär war auf der Suche nach einer Wohnung in Berlin – und fand lange Zeit keine. Tja, mögen da viele Wohnungssuchende gedacht haben: So ist das heute in Metropolen, Großstädten und auch in immer mehr Kleinstädten. Warum sollte es ausgerechnet Politikern besser ergehen als den Bürgern?
In Sachen Wohnungsmarkt ist überall im Land Berlin. Die Bundesregierung hat den Wohnungsmangel als eines der zentralen Probleme erkannt, sogar ein eigenes Bauministerium installiert und sich große Ziele gesetzt. 400 000 neue Wohnungen sollen in einem Jahr entstehen. Mittlerweile hat Bauministerin Klara Geywitz festgestellt, dass das nicht zu schaffen ist. Wegen Personalmangel, fehlender Baumaterialien, Inflation und gestiegener Energiekosten. Die Wahrheit jedoch ist noch schlimmer: Denn die Bundesregierung geht das Problem nicht von allen Seiten an. Bauen allein reicht nicht aus. Man muss auch clever bauen und Wohnraum verteilen. Genau hieran mangelt es bisher.
Seit Jahren mahnt die Wohnungsbauwirtschaft an, dass es nicht nur darauf ankommt, neue Wohnungen und Häuser zu errichten. Denn so werden immer mehr Flächen versiegelt. Man muss an die bereits bestehenden Gebäude ran. Bund, Länder und Kommunen müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass mehr aufgestockt und umgebaut wird. Dazu ist notwendig, dass Regeln zum Brandschutz, Abstandsflächen oder Stellplatzpflichten gelockert, Normen vereinfacht und Genehmigungen schneller erteilt werden. Da sind sich alle Koalitionspartner weitestgehend einig. Passiert ist bislang aber nicht genug.
Wohnraum ist zudem falsch verteilt. Zwei Drittel der über 60-Jährigen bewohnen Eigentum mit einer hohen Quadratmeterzahl. Die Bundesregierung könnte alternative Wohnkonzepte wie Wohngemeinschaften fördern oder Anreize in Form von Steuervorteilen setzen, um die Einfamilienhäuser unterzuvermieten. So würden junge Menschen in ältere Bestandsbauten gelockt und bestehendes Potenzial besser genutzt. Die Voraussetzung dafür ist, dass in die älteren
Wohnungsbau, Mobilität und Klimaschutz sollten gemeinsam betrachtet und geplant werden.
Bestandsbauten auch jemand einziehen will. Und genau hier kommt ein anderes Kabinettsmitglied ins Spiel – und zwar Verkehrs- und Digitalminister Volker Wissing. Er muss erstens für ein flächendeckendes schnelles Internet sorgen, das Homeoffice ermöglicht, damit Arbeitnehmer nicht täglich Dutzende Kilometer zum Arbeitsort pendeln müssen. Zweitens muss er für eine gute Regionalbahnanbindung, ausgebaute Fernradwege, intakte Landstraßen und genügend Kleinbusse sorgen.
Wohnungsbau, Mobilität und Klimaschutz sollten gemeinsam betrachtet und geplant werden. Das betrifft nicht nur die Ministerien in Berlin, sondern auch die Länder bis hin zu den Kommunen. Wohnungsmangel wird sich mit guter Baupolitik allein nicht lösen lassen. Es braucht vor allem eine ganzheitliche Betrachtung des Problems. Davon ist die Berliner Ampel aber weit entfernt.