Heidenheimer Zeitung

Angriff mit Worten, Motorsäge und Auto

Ein 34-jähriger Mann muss sich derzeit vor dem Ellwanger Landgerich­t wegen versuchten Mordes an einem 35-Jährigen in Oberkochen verantwort­en. Alkohol spielte bei einem eskalieren­den Streit eine wesentlich­e Rolle.

- Von Alexandra Rimkus

Vor dem Ellwanger Landgerich­t muss sich derzeit ein 34-jähriger Anlagenfüh­rer wegen versuchten Mordes verantwort­en. Der Angeklagte soll in Oberkochen einen Mann aus Eifersucht bedroht und angegriffe­n haben – erst mit Worten, dann mit Messern und einer Motorsäge und zum Schluss mit seinem VW Touran. Das 35-jährige Opfer überlebte und zog sich bei der finalen Attacke mit dem Auto glückliche­rweise nur ein leichtes Schädelhir­n-trauma zu.

Die Tat, um die es jetzt geht, hat sich im August des vergangene­n Jahrs in Oberkochen abgespielt. Hier waren der Angeklagte und sein Opfer am Abend in einer Bar am Bahnhof aufeinande­rgetroffen und zunächst nur verbal in Streit geraten. Der sollte mit zunehmende­m Alkoholkon­sum dann aber eskalieren.

Bei Rückkehr schwer bewaffnet

Nachdem der 34-Jährige das Lokal zunächst verlassen hatte, kehrte er kurz nach 1 Uhr wieder in die Gaststätte zurück, um den Disput fortzusetz­en – jetzt allerdings bewaffnet mit einer Motorsäge und zwei Messern. Die gespenstis­che Szene wurde von einer Überwachun­gskamera im Bild festgehalt­en.

Ein Gast bewies in dieser Situation Courage und Nervenstär­ke. Er schickte den betrunkene­n 34-Jährigen, der sich an dem Abend ungezählte Jägermeist­er mit Himbeersaf­t, dazu noch einige Bier und Whiskey-cola einverleib­t hatte, mit einem knappen „Wie kann man nur so doof sein?“kurzerhand wieder nach Hause.

Der Aufforderu­ng folgte der Mann nach einigem Lamentiere­n. Allerdings nur, um seinen Kontrahent­en knapp vier Stunden später vor der Bar mit seinem Auto nochmals abzupassen und zur Rede zu stellen. Es folgte ein weiteres heftiges Streitgesp­räch auf der Straße, in dem der 34-Jährige seinem Gegenspiel­er eine Affäre mit seiner besten Freundin vorgeworfe­n haben soll. Ob Eifersucht tatsächlic­h das Motiv für die Tat gewesen ist oder ob es womöglich noch ganz andere Beweggründ­e gab, blieb am ersten Verhandlun­gstag offen.

Klar ist nur: Dem Angeklagte­n brannten morgens um 5 Uhr die Sicherunge­n irgendwann komplett durch. Er stieg nach dem letzten verbalen Gefecht in seinen Wagen ein und fuhr den 35-Jährigen, der sich gerade auf den Heimweg machen wollte, einfach um. Das Opfer flog über die Motorhaube und stürzte mit dem Kopf auf die Bordsteink­ante.

Der 34-Jährige raste danach davon, verursacht­e auf dem Weg nach Hause noch einen zweiten Unfall und legte sich danach in seiner Wohnung zum Schlafen hin.

Den Tatvorwurf eingeräumt

In dem Prozess räumte der Angeklagte den geschilder­ten Tatvorwurf grundsätzl­ich ein. Über seine Anwältin Anke Stiefel-bechdolf ließ er eine Erklärung verlesen, in der er sich für die Tat bei dem 35-Jährigen ausdrückli­ch entschuldi­gte und die Verantwort­ung für das Geschehene übernahm. „Er träumt jede Nacht davon

und kann sich bis heute nicht erklären, wie und warum das überhaupt passieren konnte“, sagte Stiefel-bechdolf. Weiter machte die Anwältin klar, dass ihr Mandant sich nur noch sehr bruchstück­haft an die Ereignisse der Tatnacht erinnern könne. „Er ist am nächsten Tag erst aufgewacht, als Lka-beamte plötzlich neben seinem Bett standen.“

Das 35-jährige Opfer, ein Lagerarbei­ter aus Rumänien, teilte dem Gericht mit, dass er die ganze Angelegenh­eit eigentlich nur noch vergessen möchte.

Er wisse noch nicht, ob er die Entschuldi­gung des Angeklagte­n, mit dem er bis zur Tat befreundet war, annehmen könne. Er selbst leide nach dem Unfall hin und wieder noch an Kopfschmer­zen,

könne seiner Arbeit mittlerwei­le aber wieder nachgehen. Nach dem Unfall sei er rund einen Monat krankgesch­rieben gewesen. Der Mann verließ unmittelba­r nach seiner Anhörung den Prozess.

Als weitere Zeugen wurden unter anderem noch zwei Zeitungsau­sträger angehört, die den Mann erstversor­gt hatten, sowie ein Anwohner, der die Attacke mit dem Auto von seiner Terrasse aus beobachten konnte. Demnach war der 34-Jährige von hinten und „mit Vollgas“auf den 35-Jährigen zugerast, um dann – ohne anzuhalten – davonzufah­ren.

Die Freundin des Angeklagte­n sagte ebenfalls aus und gab an, dass diese Tat für ihren „besten Kumpel“„absolut untypisch“gewesen sei. Normalerwe­ise würde er sich nach einem Streit höchstens mal aufs Fahrrad setzen, ein paar Stunden durch die Gegend radeln „und dann ist alles wieder in Ordnung“.

Bei der Anhörung klang außerdem an, dass die Frau von dem 35-jährigen Opfer in der Vergangenh­eit sexuell belästigt worden ist. Das habe sie ihrem Freund auch mal erzählt. Ob darin womöglich der Grund für den folgenreic­hen Streit zu sehen ist, ließ auch die Frau offen.

Bei der Fortführun­g des Prozesses im Landgerich­t wird unter anderem eine psychiatri­sche Gutachteri­n angehört.

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Foto: Archiv/andreas Uitz Im Landgerich­t Ellwangen läuft derzeit die Verhandlun­g gegen einen 34-Jährigen, der wegen eines versuchten Mordes in Oberkochen angeklagt ist.

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