Angriff mit Worten, Motorsäge und Auto
Ein 34-jähriger Mann muss sich derzeit vor dem Ellwanger Landgericht wegen versuchten Mordes an einem 35-Jährigen in Oberkochen verantworten. Alkohol spielte bei einem eskalierenden Streit eine wesentliche Rolle.
Vor dem Ellwanger Landgericht muss sich derzeit ein 34-jähriger Anlagenführer wegen versuchten Mordes verantworten. Der Angeklagte soll in Oberkochen einen Mann aus Eifersucht bedroht und angegriffen haben – erst mit Worten, dann mit Messern und einer Motorsäge und zum Schluss mit seinem VW Touran. Das 35-jährige Opfer überlebte und zog sich bei der finalen Attacke mit dem Auto glücklicherweise nur ein leichtes Schädelhirn-trauma zu.
Die Tat, um die es jetzt geht, hat sich im August des vergangenen Jahrs in Oberkochen abgespielt. Hier waren der Angeklagte und sein Opfer am Abend in einer Bar am Bahnhof aufeinandergetroffen und zunächst nur verbal in Streit geraten. Der sollte mit zunehmendem Alkoholkonsum dann aber eskalieren.
Bei Rückkehr schwer bewaffnet
Nachdem der 34-Jährige das Lokal zunächst verlassen hatte, kehrte er kurz nach 1 Uhr wieder in die Gaststätte zurück, um den Disput fortzusetzen – jetzt allerdings bewaffnet mit einer Motorsäge und zwei Messern. Die gespenstische Szene wurde von einer Überwachungskamera im Bild festgehalten.
Ein Gast bewies in dieser Situation Courage und Nervenstärke. Er schickte den betrunkenen 34-Jährigen, der sich an dem Abend ungezählte Jägermeister mit Himbeersaft, dazu noch einige Bier und Whiskey-cola einverleibt hatte, mit einem knappen „Wie kann man nur so doof sein?“kurzerhand wieder nach Hause.
Der Aufforderung folgte der Mann nach einigem Lamentieren. Allerdings nur, um seinen Kontrahenten knapp vier Stunden später vor der Bar mit seinem Auto nochmals abzupassen und zur Rede zu stellen. Es folgte ein weiteres heftiges Streitgespräch auf der Straße, in dem der 34-Jährige seinem Gegenspieler eine Affäre mit seiner besten Freundin vorgeworfen haben soll. Ob Eifersucht tatsächlich das Motiv für die Tat gewesen ist oder ob es womöglich noch ganz andere Beweggründe gab, blieb am ersten Verhandlungstag offen.
Klar ist nur: Dem Angeklagten brannten morgens um 5 Uhr die Sicherungen irgendwann komplett durch. Er stieg nach dem letzten verbalen Gefecht in seinen Wagen ein und fuhr den 35-Jährigen, der sich gerade auf den Heimweg machen wollte, einfach um. Das Opfer flog über die Motorhaube und stürzte mit dem Kopf auf die Bordsteinkante.
Der 34-Jährige raste danach davon, verursachte auf dem Weg nach Hause noch einen zweiten Unfall und legte sich danach in seiner Wohnung zum Schlafen hin.
Den Tatvorwurf eingeräumt
In dem Prozess räumte der Angeklagte den geschilderten Tatvorwurf grundsätzlich ein. Über seine Anwältin Anke Stiefel-bechdolf ließ er eine Erklärung verlesen, in der er sich für die Tat bei dem 35-Jährigen ausdrücklich entschuldigte und die Verantwortung für das Geschehene übernahm. „Er träumt jede Nacht davon
und kann sich bis heute nicht erklären, wie und warum das überhaupt passieren konnte“, sagte Stiefel-bechdolf. Weiter machte die Anwältin klar, dass ihr Mandant sich nur noch sehr bruchstückhaft an die Ereignisse der Tatnacht erinnern könne. „Er ist am nächsten Tag erst aufgewacht, als Lka-beamte plötzlich neben seinem Bett standen.“
Das 35-jährige Opfer, ein Lagerarbeiter aus Rumänien, teilte dem Gericht mit, dass er die ganze Angelegenheit eigentlich nur noch vergessen möchte.
Er wisse noch nicht, ob er die Entschuldigung des Angeklagten, mit dem er bis zur Tat befreundet war, annehmen könne. Er selbst leide nach dem Unfall hin und wieder noch an Kopfschmerzen,
könne seiner Arbeit mittlerweile aber wieder nachgehen. Nach dem Unfall sei er rund einen Monat krankgeschrieben gewesen. Der Mann verließ unmittelbar nach seiner Anhörung den Prozess.
Als weitere Zeugen wurden unter anderem noch zwei Zeitungsausträger angehört, die den Mann erstversorgt hatten, sowie ein Anwohner, der die Attacke mit dem Auto von seiner Terrasse aus beobachten konnte. Demnach war der 34-Jährige von hinten und „mit Vollgas“auf den 35-Jährigen zugerast, um dann – ohne anzuhalten – davonzufahren.
Die Freundin des Angeklagten sagte ebenfalls aus und gab an, dass diese Tat für ihren „besten Kumpel“„absolut untypisch“gewesen sei. Normalerweise würde er sich nach einem Streit höchstens mal aufs Fahrrad setzen, ein paar Stunden durch die Gegend radeln „und dann ist alles wieder in Ordnung“.
Bei der Anhörung klang außerdem an, dass die Frau von dem 35-jährigen Opfer in der Vergangenheit sexuell belästigt worden ist. Das habe sie ihrem Freund auch mal erzählt. Ob darin womöglich der Grund für den folgenreichen Streit zu sehen ist, ließ auch die Frau offen.
Bei der Fortführung des Prozesses im Landgericht wird unter anderem eine psychiatrische Gutachterin angehört.