Die Macht der AFD
Am 6. Februar wird die Alternative für Deutschland zehn Jahre alt. Im Jahr der Gründung scheiterte die Partei mit 4,7 Prozent noch knapp am Einzug in den Bundestag. Vier und acht Jahre später war die Frage vor den Wahlen dann schon nicht mehr: Kommt die AFD rein? Sondern nur noch: Wie stark wird sie? Das unterstreicht: Der AFD ist es als erster Partei gelungen, sich rechts von der Union zu etablieren. Das ist, nüchtern betrachtet, eine beachtliche Leistung.
Die Früchte dieser Arbeit konnte allerdings kaum ein Gründer noch ernten, die meisten sind gar nicht mehr in der Partei. Nur der stoische Ehrenvorsitzende Alexander Gauland, schon früh ein Brückenbauer zum rechten Rand, hat es in dem „gärigen Haufen“ausgehalten. Doch nicht nur die Gesichter haben sich über die Jahre stark verändert, auch die Themen.
Von der Euro- hin zur Flüchtlingskrise, von der Pandemie bis zum
Krieg in der Ukraine, die AFD hat sich immer wieder neu erfunden. Gleich geblieben ist nur ihre Rolle: Die AFD wählt man nicht, weil man für etwas ist – sondern dagegen. Gegen die gemeinsame europäische Währung, gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem muslimischen Kulturkreis, gegen Corona-maßnahmen – und jetzt gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland. Aktuell genießt die Partei Aufwind, Umfragen sehen sie konstant um die 15 Prozent.
Die AFD wirkt zumindest indirekt so, wie sich das ihre Wähler erhoffen. Sie hat die Politik in diesem Land verändert. Dass die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel fast schon verzweifelt einen Flüchtlingsdeal mit der Türkei aushandelt und die Asylgesetze verschärft hat, ist nicht von der Existenz der AFD und der daraus entstandenen Bedrohung für Merkels Macht zu trennen. „Würde das der AFD Auftrieb geben?“, ist bei heiklen Fragen zu einem beständigen Teil des Abwägungsprozesses einer Bundesregierung geworden.
Doch diese indirekte Wirkung ist den heutigen Akteuren in der ersten Reihe, wie die beiden Partei- und Fraktionsvorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel, nicht genug. Sie wollen die AFD in Regierungsverantwortung führen. Der erste Schritt dahin kann nur über eine Juniorpartnerschaft mit der CDU auf Landesebene gegangen werden. In der AFD blickt
Die Partei hat die Politik in diesem Land verändert. Doch das ist ihren neuen Anführern nicht mehr genug.
man mit gutem Grund auf die drei Hochburgen im Osten: Sachsen, Sachsen-anhalt und Thüringen.
Mitregieren in Erfurt darf trotz des politischen Chaos dort nahezu ausgeschlossen werden, solange mit Björn Höcke die Personifizierung des rechtsextremen Afd-flügels dort die Fäden zieht. In Sachsen und Sachsenanhalt gibt es aber hinter den derzeit noch starken Ministerpräsidenten Kretschmer und Haselhoff einflussreiche Akteure, für die es auf dem Weg zur Macht Schlimmeres gäbe, als mit der AFD zu paktieren. Hier wird die von CDU-CHEF Friedrich Merz beschworene Brandmauer perspektivisch vor die größte Probe gestellt werden. Wird die AFD irgendwo regieren, wenn sie in die Pubertät kommt? Sie muss wahrscheinlich volljährig werden.