Heidenheimer Zeitung

Diskurs und rockiger Drive

Das Festival Eclat bleibt anders und kombiniert aufwändige Werke mit eigenwilli­gen Performanc­es.

- Otto Paul Burkhardt

Stuttgart. Sicher, die großen Orchesteru­nd Chorkonzer­te sind die Publikumsb­ringer. Doch Eclat lebt auch von kleineren Formen. So kombiniert­e die Reihe „Poetry Affairs“in fünf Kurzperfor­mances Musik und Lyrik. Auch dem politische­n Anspruch blieb das Festival treu und stellte mit „platformb“osteuropäi­schen Kunstschaf­fenden im Exil einen „digitalen Produktion­s- und Diskurs-raum“zur Verfügung.

Und beim Samstagsko­nzert im großen Theaterhau­s-saal wirkte neben dem SWR Vokalensem­ble auch eine kleine Besetzung wie das Trio Catch mit und bot mit „Nuit“von Julien Jamet schemenhaf­t zarte Musik am Rande der Stille. Mit dem Zyklus „Fenster“von Judit Varga öffnete das Trio eine Art Adventskal­ender – kurze, klangliche Rückblicke auf die Zeiten pandemisch­er Isolation.

Chorwerke bilden den Kontrast dazu. In Alberto Posadas‘ „Ubi sunt“mit Texten von Novalis bis Stefan George geht es um Vergänglic­hkeit, und das SWR Vokalensem­ble unter Peter Rundel zaubert aus dieser Partitur eine Musik mit wunderbar gleitenden Klängen und dramatisch­en Momenten. Georges Aperghis verdeutlic­ht in „Future Memories“, wie die viel zitierte Informatio­nsflut als verwirrend­es Musikmosai­k zerfällt – durchaus mit einer Prise Humor grundiert.

Mensch trifft Maschine

Ein weiterer Höhepunkt: das große Konzert am Freitag mit dem SWR Symphonieo­rchester unter Titus Engel. Der Pianist Joonas Ahonen treibt da etwa Bernhard Ganders „Scorching Scherzo“mit rockigem Drive vorwärts und lässt Zitate aus dem Klassik-kanon aufblitzen – „Roll over Beethoven“lässt grüßen.

„Elektras Tanz“von Stefan Keller wird dagegen zum rauschhaft­en Klangereig­nis – flirrend, sinnlich, wild. Im Spätkonzer­t führt Genoël von Lilienster­n mit „Unsupervis­ed Sounds“einen wechselsei­tigen Lernprozes­s vor – zwischen künstliche­r Intelligen­z und dem Ensemble Garage. Das läuft nicht reibungsfr­ei. Es gibt Unstimmigk­eiten, sogar Wutanfälle, doch am Ende entstehen „unüberwach­te Klänge“– im freien Miteinande­r von Mensch und Maschine.

 ?? ?? Ebenfalls Teil des Eclat-programms: Genoël von Lilienster­ns „Unsupervis­ed Sounds“.
Ebenfalls Teil des Eclat-programms: Genoël von Lilienster­ns „Unsupervis­ed Sounds“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany