Elterntaxis: Eher Gefahr als Gefallen
Weil jeden Tag etliche Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule fahren, wird es an den Straßen davor chaotisch und vor allem gefährlich. Die Stadtverwaltung fordert ein Umdenken, die Schulen schließen sich an.
Tag für Tag fahren viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule. Die Folge ist, das erklärt die Stadt in einer Pressemitteilung, dass sich die Situation am Schulcampus in Giengen teilweise chaotisch gestaltet. „Die vielen Fahrzeuge gefährden Kinder und Jugendliche, die zu Fuß unterwegs sind. Ständige Kontrollen sind unumgänglich, können dem Treiben aber kaum Einhalt gebieten. Selbst Verwarnungsgelder schrecken die Eltern nicht ab“, heißt es weiter. Außerdem: „Erboste Mütter und Väter schreiben an die Stadtverwaltung, weil sie selbst mit dem Fahrzeug nicht nahe genug ans Gelände kommen.“
Für Oberbürgermeister Dieter Henle waren solche Schreiben jetzt Anlass, das Thema öffentlich anzusprechen: „Tatsächlich würden wir uns wünschen, dass Kinder nur in Ausnahmefällen zur Schule gefahren werden. Dann hätten wir das ganze Problem nicht“, kommentierte er die unerfreuliche Situation gegenüber einer Briefschreiberin, die die Lage ganz ähnlich einschätzt wie er und sich über übervorsorgliche Eltern beklagt hatte, die ihre Kinder am liebsten „ins Klassenzimmer“fahren würden. Die Stadtverwaltung dagegen sieht das Problem eher darin, dass die Eltern überhaupt meinen, ihre Kinder fahren zu müssen.
„Kiss-and-go-zone“?
Philipp Gyaja, stellvertretender Schulleiter des Margarete-steiffgymnasiums, weiß um die Problematik – auch wenn er morgens bereits am Rechner über den Vertretungsplänen brütet, wenn die meisten Schülerinnen und Schüler ankommen. „Seit ein paar Jahren versuchen wir zu Schuljahresbeginn, die Eltern darauf aufmerksam zu machen“, erklärt Gyaja. Konkret bitten sie die Eltern
darum, die von der Schule so genannte „Kiss-and-go-zone“von der Beethovenstraße direkt vor dem Schuleingang auf den Realschulparkplatz hinter der Schule zu verlagern.
„In manchen Fällen müssen Eltern ihre Kinder fahren, dann sollen sie sie aber nicht mitten an der Straße aussteigen lassen“, so Gyaja, der ergänzt: „Ich stimme OB Henle hier voll zu. Dieses kurze Anhalten, Weiterfahren und zum Teil Harakiri-umdrehen ist gefährlich.“Teilweise würde dadurch auch die Busspur blockiert. Mit ihrem Konzept der „Kiss-andgo-zone“
erhoffen sich die Verantwortlichen der Schule, dass Eltern die Empfehlung auch wirklich lesen und beherzigen.
Fahrrad eine gute Alternative
In vielen Fällen aber muss es wirklich nicht das Auto sein. Viele vernünftige Gründe sprechen der Stadt zufolge dafür, Kinder morgens zu Fuß zur Schule gehen zu lassen. Auch das Fahrrad sei, sofern die Fahrradprüfung abgelegt wurde, eine gute Alternative. „Die Kinder haben frische Luft, können sich mental auf den Schultag vorbereiten, treffen Kameraden
und Kameradinnen auf dem Weg und lernen, Verantwortung für sich und für andere zu übernehmen.“
Die Wege seien in aller Regel beleuchtet, also funktioniere das auch im Winter. Zudem lernten die Kinder damit gleichzeitig, dass man aus Überzeugung nicht überall mit dem Auto hinfährt – ein vor dem Hintergrund der Umweltsituation, den Energiepreisen und der Mobilitätswende entscheidender Punkt.
Michaela Muhsal, Schulleiterin der Lina-hähnle-schule, erinnert sich noch gut an ihre eigene
Schulzeit. „Das Laufen dorthin war eigentlich immer das Tollste“, sagt sie. Auch sie würde sich wünschen, dass weniger Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule fahren. „Die Kinder macht es auch stolz, wenn sie selbst hinlaufen.“
Elterntaxi immer wieder Thema
Immer wieder, so erklärt Muhsal, seien die Elterntaxis auch Thema im Gespräch mit den Eltern oder im Elternbeirat. „Es ist viel los zu den Bring- und Holzeiten, manchmal wird auch in zweiter Reihe geparkt. Das ist unübersichtlich und die Kinder sind teilweise noch nicht mal so groß, dass sie über so ein Auto drüberschauen können“, schildert Muhsal.
Daher bittet auch sie die Eltern, das Auto stehen zu lassen. Sowohl an der Friedrich-listStraße als auch an der Außenstelle an der Bergschule gebe es das Problem.
„An der Bergschule ist es in der Einbahnstraße sehr eng“, sagt sie. Für den Standort an der Friedrich-list-straße wäre sie froh über einen größeren Parkplatz.
Wertvolle Zeit zum Austausch
Und wie ist die Lage an der Bühlund der Jakob-herbrandt-schule? Nicole Arndt, Schulleiterin der Bühlschule und kommissarische Schulleiterin der Jakob-herbrandt-schule, erklärt: „Auch wir sehen die Situation beim Abgeben und Abholen sehr kritisch. Es entstehen an beiden Schulen sehr gefährliche Situationen. Wir versuchen in Elterngesprächen und in Klassenpflegschaftssitzungen, die Eltern davon zu überzeugen, ihre Kinder nicht mit dem Auto zu bringen.“
Für Kinder sei der Weg zur Schule und zurück in Begleitung von Schulfreunden eine wertvolle Zeit, um sich auszutauschen, und ein wichtiger Schritt, um selbstständig zu werden. „Das wird häufig unterschätzt“, so Arndt.