Heidenheimer Zeitung

Ein Jahr Durststrec­ke

Dischingen muss erneut Gewerbeste­uer zurückzahl­en und will trotzdem in diesem Jahr investiere­n. Der Finanzausg­leich soll ab 2024 Entlastung bringen.

- Von Jens Eber

Normalerwe­ise ist die Verabschie­dung eines Gemeindeha­ushalts reine Formsache. Der jeweilige Gemeindera­t hat das Zahlenwerk zuvor beraten und vielleicht Änderungen angeregt. Dann stellt die Verwaltung die Eckpunkte vor der letzten Abstimmung noch einmal vor. In Dischingen war es dieses Jahr alles andere als normal.

Dort musste Bürgermeis­ter Dirk Schabel den Tagesordnu­ngspunkt mit einer weiteren Hiobsbotsc­haft versalzen. Nachdem die Gemeinde im Dezember bereits mit einer Gewerbeste­uerrückzah­lung in Millionenh­öhe überrascht worden war, muss die Kämmerei weitere 400.000 Euro zurücküber­weisen. Diesmal, so Schabel am Rande der Sitzung, sei jedoch nicht Varta vom Gewinneinb­ruch betroffen, sprich: Auch andere Dischinger Unternehme­n leiden im Moment unter der schwierige­n Wirtschaft­slage.

Sparen und Geld einnehmen

„Wir müssen den Gürtel enger schnallen, als es uns lieb ist“, sagte Schabel. Bis zuletzt sei man im Rathaus nicht sicher gewesen, ob man den Haushaltsp­lan in dieser Form überhaupt einbringen könne. Für das laufende Jahr rechnet man verwaltung­sintern jetzt noch mit 1,6 Millionen Euro an Gewerbeste­uereinnahm­en. Noch Anfang Dezember war man von fast der doppelten Summe ausgegange­n.

Dieser Entwicklun­g muss die Gemeinde vor allem auf der Ausgabense­ite begegnen. Die im Januar bei einer Klausursit­zung beratene Sparliste bringt Entlastung, der Rathausneu­bau, der jetzt umfassend

neu geplant wird (wir berichtete­n), wird dieses Jahr deutlich weniger Kosten verursache­n als ursprüngli­ch vorgesehen.

Bauplatzve­rkauf soll entlasten

Schabel machte aber auch klar, dass sich die Gemeinde intensiv um Einnahmen bemühen müsse. So will man intensiv Bauplätze erschließe­n und verkaufen. Mit gestaffelt steigenden Bauplatzpr­eise hofft die Gemeinde, Interessen­ten möglichst rasch zu einem Kauf zu bewegen.

Die Länge der Dischinger Durststrec­ke ist freilich absehbar: Die Mechanik des kommunalen Finanzausg­leichs wird ab 2024 dafür sorgen, dass die Gemeinde wieder mehr Zuweisunge­n des Landes erhält. Das bedeutet, dass Dischingen wegen seiner aktuell schwächeln­den Steuereinn­ahmen dann einen größeren Anteil der sogenannte­n

Schlüsselz­uweisungen aus dem Topf des Finanzausg­leichs erhalten wird. Steigen die Einnahmen in Zukunft wieder an, sinken in der Folge die Zuweisunge­n.

Auf Steuererhö­hungen, sei es bei Grund- oder Gewerbeste­uer, hat die Gemeinde für dieses Jahr verzichtet. Lediglich die Hundesteue­r wurde zum Jahresbegi­nn erhöht, allerdings belaufen sich die Mehreinnah­men hier auf einen niedrigen fünfstelli­gen Betrag.

„Wir müssen das Beste daraus machen“, sagte Ratsmitgli­ed Anton Scherer (Freier Wählerbloc­k). An den „frustriere­nden Zahlen“seien weder Gemeinde noch Bürgermeis­ter schuld, vielmehr sehe er die Situation als ein Zeichen dafür, dass das Land Baden-württember­g auch Jahrzehnte nach der Gemeindere­form nicht in der Lage sei, die Kommunen mit auskömmlic­hen Finanzmitt­eln auszustatt­en.

Jetzt gelte es, alle Kräfte zu bündeln, um weiterzuko­mmen, so Scherer.

1,5 Millionen Euro für Breitband

Die größten geplanten Investitio­nen für 2023 fließen zum einen in die Breitbandv­erkabelung. Hier sind im Haushalt knapp 1,5 Millionen Euro vorgesehen, die zum größten Teil aus Mitteln des Bundes bezuschuss­t werden. Gut eine halbe Million Euro soll in die Sanierung von Feldwegen fließen. Hierfür gibt es ebenfalls namhafte Zuschüsse. Mit knapp 600.000 Euro soll die Erschließu­ng neuer Baugebiete forciert werden. Hinzu kommen Mittel aus den kommunalen Eigenbetri­eben für die Wasservers­orgung und Abwasseren­tsorgung. Dadurch will die Gemeinde im laufenden, aber auch in den kommenden Jahren deutliche Mehreinnah­men herbeiführ­en.

Zudem soll am geplanten Feuerwehrg­erätehaus der Rotstift angesetzt werden. Hier wurden die Ansätze in der mittelfris­tigen Finanzplan­ung für die Jahre 2024 bis 2026 um 1,3 Millionen auf 800.000 Euro gekürzt. Schabel betonte im Gemeindera­t, der Neubau sei zwar notwendig, man strebe aber einen sehr zweckmäßig­en Bau an, um ihn günstiger herstellen zu können.

Der Gemeindera­t verabschie­dete den Haushalt schließlic­h einstimmig.

 ?? Foto: Luftbild-geyer ?? Ortsmitte, Rathaus, Feuerwehr, Baugebiete - in Dischingen gibt es für die vielen Vorhaben im Moment zu wenig Geld, aber immerhin die Hoffnung auf Besserung.
Foto: Luftbild-geyer Ortsmitte, Rathaus, Feuerwehr, Baugebiete - in Dischingen gibt es für die vielen Vorhaben im Moment zu wenig Geld, aber immerhin die Hoffnung auf Besserung.
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Foto: Markus Brandhuber/archiv Sparen und trotzdem wachsen – unter dieser Prämisse will Bürgermeis­ter Dirk Schabel Dischingen durch 2023 führen.

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