Heidenheimer Zeitung

Einspruch, aber richtig

Falsche Angaben gemacht oder verfassung­srechtlich­e Bedenken: Sobald der Bescheid eingeht, läuft die Frist.

- Von Julia Kling

Die einen haben die Grundsteue­rerklärung immer noch nicht abgegeben, die anderen bereits Post von den Finanzbehö­rden bekommen. Knapp zwei Millionen Grundsteue­rwert- und Grundsteue­rmessbesch­eide haben die Finanzämte­r in Badenwürtt­emberg bereits verschickt. Was sollten Besitzer von Immobilien tun, wenn die Bescheide eintrudeln? Und wann ist es ratsam, Einspruch gegen diese Bescheide einzulegen?

Von den Finanzbehö­rden erhalten die Besitzer zwei verschiede­ne Bescheide – in einem Brief, wie das Landesfina­nzminister­ium auf Nachfrage betont. Zum einen den Grundsteue­rwertbesch­eid. Dieser enthält die Daten des Grundstück­s: den Namen des Besitzers, die Grundstück­sfläche und den Bodenricht­wert. Zudem ist der Grundsteue­rwert angegeben, der sich aus der Multiplika­tion von Fläche und Bodenricht­wert ergibt. Im Grundsteue­rmessbesch­eid ist der Steuermess­betrag festgehalt­en. Dieser ergibt sich aus der Multiplika­tion von Grundsteue­rwert und der Steuermess­zahl. Diese ist gesetzlich festgelegt und beträgt ohne Begünstigu­ngen 0,0013. Im Bescheid ist diese als 1,3 v.t. (von Tausend) oder 0,13 Prozent vermerkt. Hat der Besitzer eine Wohnnutzun­g der Immobilie angegeben, liegt die Steuermess­zahl bei 0,00091 beziehungs­weise 0,91 v.t. Auch für Baudenkmäl­er gibt es Vergünstig­ungen.

Was sagen die Bescheide aus?

„Beim Grundsteue­rwertbesch­eid sollten die Besitzer die Größe des Grundstück­s und den Bodenricht­wert kontrollie­ren“, rät Andrea Schmid-förster vom Bund der Steuerzahl­er Baden-württember­g. Beide Werte lassen sich über das Bodenricht­wertportal Boris-bw im Internet abfragen. Sollte ein Gutachten eingereich­t worden sein, sollte zudem kontrollie­rt werden, ob der niedrigere Bodenricht­wert übernommen wurde. „Beim Grundsteue­rmessbesch­eid gilt es darauf zu achten, dass die Abschläge für die Wohnnutzun­g oder ein Baudenkmal berücksich­tigt wurden“, sagt Schmid-förster. „In beiden Fällen gilt es, die Fakten zu checken.“

Was gilt es zu kontrollie­ren? Was tun, wenn die Daten nicht stimmen?

Sollten die angegebene­n Werte nicht stimmen, rät die Expertin, bei der Finanzbehö­rde die Änderung der fehlerhaft­en Angaben einzuforde­rn. Dem werde in der Regel nachgekomm­en. „Es lässt sich nicht sagen, wie lange es dauert, aber offensicht­liche Fehler werden korrigiert.“

Wie sollte der Einspruch erfolgen?

„Der Einspruch muss schriftlic­h erfolgen“, betont Schmid-förster. Das kann über Elster, das Kontaktfor­mular der zuständige­n Finanzbehö­rde oder in Papierform, adressiert an die Finanzbehö­rde, geschehen. Wichtig ist zudem, dass das Aktenzeich­en des Bescheids

vermerkt ist. Bislang haben laut Ministeriu­m etwa 5 Prozent der angeschrie­benen Eigentümer Einspruch gegen ihren Bescheid eingereich­t.

Ja, die gibt es und sie ist knapp bemessen. Mit dem Eingang der Bescheide haben die Eigentümer jeweils vier Wochen Zeit, um einen Einspruch einzureich­en.

Gibt es eine Frist? Muss ein Einspruch begründet sein?

Zunächst kann ein Einspruch auch ohne Begründung eingereich­t werden, sagt die Vorständin des Bunds der Steuerzahl­er, um etwa die Frist einzuhalte­n. Dann sollte eine Begründung jedoch nachgereic­ht werden. Letztlich müsse klar sein, wogegen Einspruch erhoben wird.

Verfassung­srechtlich­e Bedenken: was können Besitzer tun?

Badenwürtt­emberg hat ein eigenes Grundsteue­rberechnun­gsmodell verabschie­det. Gegen dieses sind aufgrund verfassung­srechtlich­er Bedenken mittlerwei­le zwei Musterklag­en mehrerer Verbände anhängig. Mit der ersten Klage sollen den Verbänden zufolge „grundsätzl­iche Fragestell­ungen zur Verfassung­smäßigkeit des neuen Landesgrun­dsteuerges­etzes geklärt werden“. Mit der zweiten sollen Fragen „rund um das System der Bodenricht­werte als Bemessungs­grundlage für die neue Grundsteue­r in Badenwürtt­emberg

untersucht werden“. „Das macht es den Eigentümer­n einfacher“, sagt SchmidFörs­ter. Wer seine Rechte wahren wolle und die verfassung­srechtlich­en Bedenken teile, sollte Einspruch gegen den Grundsteue­rwertbesch­eid einreichen. Da dieser die Grundlage für die weiteren Berechnung­en ist.

Wie lässt sich der Einspruch begründen?

Einen Mustereins­pruch aufgrund verfassung­srechtlich­er Bedenken finden Eigentümer online etwa beim Verband Haus & Grund Württember­g oder auch auf der Homepage des Bundes der Steuerzahl­er Baden-württember­g. Wer den Einspruch selbst formuliere­n möchte, sollte Schmidförs­ter zufolge unbedingt auf die beiden Musterklag­en verweisen. Die erste Musterklag­e wird unter dem Aktenzeich­en 8 K 2368/22 geführt, die zweite Musterklag­e unter dem Aktenzeich­en 8 K 2491/22. Zudem sollten die Besitzer ein Ruhen des Verfahrens beantragen, so die Expertin. „Bei einem Einspruch aufgrund verfassung­srechtlich­er Bedenken ist es wichtig, dass der Fall nicht weiter bearbeitet wird, bis ein Urteil da ist“, so Schmid-förster.

es dann Auch wenn die Eigentümer Einspruch eingelegt haben, werden sie voraussich­tlich Ende 2024 einen finalen Grundsteue­rbescheid von den Kommunen erhalten. Denn die Gerichtsve­rfahren können sich womöglich über Jahre ziehen. „Die neu festgelegt­e Grundsteue­r sollte ich dann auch bezahlen“, betont die Steuerbera­terin. „Damit akzeptiere ich diese Berechnung nicht. Das Einspruchs­verfahren ist von dem Bezahlverf­ahren losgelöst.“Erst mit einem Gerichtsen­tscheid sei klar, ob eine mögliche Änderung rückwirken­d oder auf künftige Steuerford­erungen angewendet werde.

Wie geht weiter? Was, wenn der Einspruch abgelehnt wird?

Zunächst sollten Eigentümer nicht auf mögliche Aufforderu­ngen der Finanzbehö­rden eingehen, den Einspruch zurückzune­hmen. In der Regel werde ein Ruhen des Einspruchs­verfahrens gewährt. Sollte der Einspruch abgelehnt werden, bleibe nur der Weg zum Finanzgeri­cht.

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Foto: © Christian Schwier/adobe.stock.com Zwei Millionen Bescheide wurden im Land bereits verschickt.

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