Einspruch, aber richtig
Falsche Angaben gemacht oder verfassungsrechtliche Bedenken: Sobald der Bescheid eingeht, läuft die Frist.
Die einen haben die Grundsteuererklärung immer noch nicht abgegeben, die anderen bereits Post von den Finanzbehörden bekommen. Knapp zwei Millionen Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheide haben die Finanzämter in Badenwürttemberg bereits verschickt. Was sollten Besitzer von Immobilien tun, wenn die Bescheide eintrudeln? Und wann ist es ratsam, Einspruch gegen diese Bescheide einzulegen?
Von den Finanzbehörden erhalten die Besitzer zwei verschiedene Bescheide – in einem Brief, wie das Landesfinanzministerium auf Nachfrage betont. Zum einen den Grundsteuerwertbescheid. Dieser enthält die Daten des Grundstücks: den Namen des Besitzers, die Grundstücksfläche und den Bodenrichtwert. Zudem ist der Grundsteuerwert angegeben, der sich aus der Multiplikation von Fläche und Bodenrichtwert ergibt. Im Grundsteuermessbescheid ist der Steuermessbetrag festgehalten. Dieser ergibt sich aus der Multiplikation von Grundsteuerwert und der Steuermesszahl. Diese ist gesetzlich festgelegt und beträgt ohne Begünstigungen 0,0013. Im Bescheid ist diese als 1,3 v.t. (von Tausend) oder 0,13 Prozent vermerkt. Hat der Besitzer eine Wohnnutzung der Immobilie angegeben, liegt die Steuermesszahl bei 0,00091 beziehungsweise 0,91 v.t. Auch für Baudenkmäler gibt es Vergünstigungen.
Was sagen die Bescheide aus?
„Beim Grundsteuerwertbescheid sollten die Besitzer die Größe des Grundstücks und den Bodenrichtwert kontrollieren“, rät Andrea Schmid-förster vom Bund der Steuerzahler Baden-württemberg. Beide Werte lassen sich über das Bodenrichtwertportal Boris-bw im Internet abfragen. Sollte ein Gutachten eingereicht worden sein, sollte zudem kontrolliert werden, ob der niedrigere Bodenrichtwert übernommen wurde. „Beim Grundsteuermessbescheid gilt es darauf zu achten, dass die Abschläge für die Wohnnutzung oder ein Baudenkmal berücksichtigt wurden“, sagt Schmid-förster. „In beiden Fällen gilt es, die Fakten zu checken.“
Was gilt es zu kontrollieren? Was tun, wenn die Daten nicht stimmen?
Sollten die angegebenen Werte nicht stimmen, rät die Expertin, bei der Finanzbehörde die Änderung der fehlerhaften Angaben einzufordern. Dem werde in der Regel nachgekommen. „Es lässt sich nicht sagen, wie lange es dauert, aber offensichtliche Fehler werden korrigiert.“
Wie sollte der Einspruch erfolgen?
„Der Einspruch muss schriftlich erfolgen“, betont Schmid-förster. Das kann über Elster, das Kontaktformular der zuständigen Finanzbehörde oder in Papierform, adressiert an die Finanzbehörde, geschehen. Wichtig ist zudem, dass das Aktenzeichen des Bescheids
vermerkt ist. Bislang haben laut Ministerium etwa 5 Prozent der angeschriebenen Eigentümer Einspruch gegen ihren Bescheid eingereicht.
Ja, die gibt es und sie ist knapp bemessen. Mit dem Eingang der Bescheide haben die Eigentümer jeweils vier Wochen Zeit, um einen Einspruch einzureichen.
Gibt es eine Frist? Muss ein Einspruch begründet sein?
Zunächst kann ein Einspruch auch ohne Begründung eingereicht werden, sagt die Vorständin des Bunds der Steuerzahler, um etwa die Frist einzuhalten. Dann sollte eine Begründung jedoch nachgereicht werden. Letztlich müsse klar sein, wogegen Einspruch erhoben wird.
Verfassungsrechtliche Bedenken: was können Besitzer tun?
Badenwürttemberg hat ein eigenes Grundsteuerberechnungsmodell verabschiedet. Gegen dieses sind aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken mittlerweile zwei Musterklagen mehrerer Verbände anhängig. Mit der ersten Klage sollen den Verbänden zufolge „grundsätzliche Fragestellungen zur Verfassungsmäßigkeit des neuen Landesgrundsteuergesetzes geklärt werden“. Mit der zweiten sollen Fragen „rund um das System der Bodenrichtwerte als Bemessungsgrundlage für die neue Grundsteuer in Badenwürttemberg
untersucht werden“. „Das macht es den Eigentümern einfacher“, sagt SchmidFörster. Wer seine Rechte wahren wolle und die verfassungsrechtlichen Bedenken teile, sollte Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid einreichen. Da dieser die Grundlage für die weiteren Berechnungen ist.
Wie lässt sich der Einspruch begründen?
Einen Mustereinspruch aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken finden Eigentümer online etwa beim Verband Haus & Grund Württemberg oder auch auf der Homepage des Bundes der Steuerzahler Baden-württemberg. Wer den Einspruch selbst formulieren möchte, sollte Schmidförster zufolge unbedingt auf die beiden Musterklagen verweisen. Die erste Musterklage wird unter dem Aktenzeichen 8 K 2368/22 geführt, die zweite Musterklage unter dem Aktenzeichen 8 K 2491/22. Zudem sollten die Besitzer ein Ruhen des Verfahrens beantragen, so die Expertin. „Bei einem Einspruch aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken ist es wichtig, dass der Fall nicht weiter bearbeitet wird, bis ein Urteil da ist“, so Schmid-förster.
es dann Auch wenn die Eigentümer Einspruch eingelegt haben, werden sie voraussichtlich Ende 2024 einen finalen Grundsteuerbescheid von den Kommunen erhalten. Denn die Gerichtsverfahren können sich womöglich über Jahre ziehen. „Die neu festgelegte Grundsteuer sollte ich dann auch bezahlen“, betont die Steuerberaterin. „Damit akzeptiere ich diese Berechnung nicht. Das Einspruchsverfahren ist von dem Bezahlverfahren losgelöst.“Erst mit einem Gerichtsentscheid sei klar, ob eine mögliche Änderung rückwirkend oder auf künftige Steuerforderungen angewendet werde.
Wie geht weiter? Was, wenn der Einspruch abgelehnt wird?
Zunächst sollten Eigentümer nicht auf mögliche Aufforderungen der Finanzbehörden eingehen, den Einspruch zurückzunehmen. In der Regel werde ein Ruhen des Einspruchsverfahrens gewährt. Sollte der Einspruch abgelehnt werden, bleibe nur der Weg zum Finanzgericht.