Qualität in kleinem Rahmen
Die Stadt hat sich fürs laufende Jahr viel auf die Fahnen geschrieben, darunter auch ein abgeändertes Konzept für den Markt. Wie läuft es dort momentan? Ein Besuch – bei eisiger Kälte. Von Nadine Rau
Zugegeben: Würde man es nicht besser wissen, würde man die Konstellation an der Oberen Marktstraße am gestrigen Vormittag nicht unbedingt als Wochenmarkt bezeichnen. Auf der einen Seite ein Stand mit Honig, Eiern, Nudeln und Kuchen. Auf der anderen Seite ein Metzgerwagen. Und weiter? Nichts. „Es ist einfach zu kalt heute, für den Gärtner macht das keinen Sinn“, sagt Hans Discher hinter seinem Honigstand. Auf seinen Pavillon, den er normalerweise aufbaut, hat er heute wegen des Winds verzichtet.
Der Giengener Wochenmarkt ist schon lange kein großes Treiben mehr. Trotzdem aber hält er sich, wenngleich in Form nur weniger Stände, an denen man immer mittwochs und samstags einkaufen kann. Momentan stehen diese nicht mehr mitten in der Marktstraße, sondern kurz vorm Rathausplatz. In den kommenden Monaten und Jahren könnten sich die Stellplätze noch ein paar Mal ändern, stehen in der Innenstadt schließlich große bauliche Veränderungen an.
Veränderungen könnte es auch für den Wochenmarkt selbst geben, zumindest steht ein neues Konzept mit auf der Liste der Aufgaben, die Oberbürgermeister Dieter Henle mit seiner Verwaltung anpacken will. Was wünschen sich die Kunden? Was die Händler?
„Ein schönes Miteinander“
Fragt man Hans Discher, der schon seit vielen Jahren mit seiner Frau Theresia auf den Giengener Markt kommt, findet er sich auch mit der jetzigen Marktsituation ganz gut zurecht. „Wir haben unsere Stammkunden, die nach wie vor kommen. Man kennt sich, und die Leute sind auch zufrieden.“Größere Städte, vergleicht er, seien für Wochenmärkte natürlich besser vorbereitet, als Beispiel nennt er die Stromanschlüsse. „Aber wenn ich Strom brauche, hilft mir normalerweise der Gärtner. Es ist ein schönes Miteinander hier.“Das große Hobby
des Nattheimers? Imkern. Auf dem Markt bietet er mittwochs seinen Honig an. Weil das allein aber noch keinen Stand ausmachen würde, backt seine Frau jede Woche frische Kuchen und nimmt dafür schlaflose Nächte in Kauf. „Das sind Kuchen, die man so nicht in der Bäckerei kaufen kann. Sie macht alles so, wie man es von früher kennt, Hefezöpfle zum Beispiel“, so Hans Discher.
Ergänzt wird das Angebot durch regionale Nudeln, Seifen und Eier. „Wir haben das übernommen, als der vorherige Eierverkäufer aufgehört hat. Ein Markt ohne Eier geht nämlich gar nicht“, betont Discher.
Eine Herzensangelegenheit
Der Stand ist dem Ehepaar eine Herzensangelegenheit. Trotz der Kälte stehen sie auch an diesem
Mittwochvormittag in der Innenstadt, ganz dick eingepackt. Abwechselnd wärmen sie sich im Geschäft hinter ihrem Stand auf. „Uns ist es wichtig, dass wir unser eigenes Produkt selbst verkaufen. Wir würden es nicht an einen Großhändler weitergeben“, betont Discher.
Sein einziger Mitstreiter in der Kälte ist Anton Hauber aus Neresheim, der seine Wurst schon seit mehr als 40 Jahren in Giengen auf dem Markt verkauft – mittwochs und samstags. Schaut man ihm eine Weile zu, merkt man, dass er die meisten seiner Kunden persönlich kennt. Einige davon, erklärt er, kämen nicht aus Giengen, sondern aus umliegenden Gemeinden.
Hauber erinnert sich an Zeiten, als dreimal so viele Kunden wie jetzt bei ihm eingekauft haben.
Sowohl er als auch Discher gegenüber finden es als Marktverkäufer natürlich nicht ideal, dass in den kommenden Jahren so viel gebaut wird.
Ausreichend Parkplätze wichtig
Beschweren aber wollen sie sich nicht, Hauber ist es nur wichtig, dass die Leute ausreichend und gut gelegene Parkplätze für ihren Einkauf auf dem Wochenmarkt haben. Eine seiner treuesten Kundinnen ist Daniela Mehl, die in Giengen lebt und jede Woche auf den Markt geht. „Ich bin höchst zufrieden mit dem Markt. Zu einer guten Lebensqualität gehört eine gute Qualität des Essens. Ich habe schon bei vielen guten Metzgern eingekauft, aber das hier ist der beste“, sagt sie. Neben Wurst kaufe sie hier auch oft Eier, Kuchen und Salat ein. „Das Angebot dürfte gern wieder größer werden. Wir hatten hier mal einen Käsestand, der hat sich aber nicht gehalten“, bedauert sie. Auch an einen Olivenstand, der nicht lange durchgehalten hat, erinnern sich Mehl und Hauber.
Auf der anderen Seite der Straße hat sich Theresia Discher nach dem Aufwärmen wieder an ihren Stand gewagt. Alle zwei Wochen, erzählt sie, verkauft sie auch auf dem Neresheimer Markt, bei dem die Situation ganz ähnlich wie in Giengen sei. „Immer wieder kommen dort neue Händler, aber es lohnt sich einfach nicht für sie. Das ist mehr ein Ausflug an die frische Luft.“Weil um den Markt herum Geschäfte fehlten, gebe es keinen Anlaufpunkt für die Kunden. „Die älteren Leute wären schon da, um sich hier zu treffen und zu reden. Ein Markt hat immer noch einen gewissen Wert“, findet Discher.
„Nicht immer nur meckern“
Irene Voit etwa ist eine der älteren Giengenerinnen, die nach wie vor gerne auf den Markt gehen. „Ich bin zufrieden. Für mich reicht das hier, auch wenn es wenig Stände sind“, so Voit. Zudem betont sie, dass man es manchen Leuten ohnehin nicht recht machen könnte, egal welche Stände man hinstellen würde. Auch in Bezug auf die Umgestaltung der gesamten Innenstadt sagt sie: „Die Leute sollen nicht einfach nur meckern. Sie müssen jetzt halt warten, bis hier alles fertig ist. Die Stadt soll ja schließlich auch für die kommende Generation da sein.“