Von den Katzen erobert
Katzen haben ein faszinierendes Wesen. Es dürfte nicht viele Menschen geben, die mehr über diese Tiere wissen als der aus Herbrechtingen stammende Sozialwissenschaftler Armin Wöhrle.
Der 1950 in Heidenheim geborene und in Herbrechtingen aufgewachsene Armin Wöhrle hat nicht nur eine sehr informative Homepage über Deutschlands häufigstes Haustier geschrieben, sondern im vorigen Jahr sogar ein Buch. In beiden Medien beschreibt er seine über 20-jährigen Erfahrungen mit mehr als 30 Katzen, die ihm und seiner Frau im Laufe der Zeit so zugelaufen sind. Wöhrle ist dabei an das Thema „Hauskatze“quasi mit wissenschaftlicher Akribie herangegangen. Was nicht weiter verwundert, schließlich ist er Wissenschaftler.
Eine Berufsausbildung hat er als Industriekaufmann bei Voith abgeschlossen, „sogar verkürzt und mit Preis. Die wollte ich so schnell wie möglich hinter mich bringen“. Der Grund für diesen Fleiß: „Das war nichts für mich, das wusste ich aber schon vorher.“
Von Heidenheim nach Chemnitz
Den Zivildienst leistete er in einer Jugendeinrichtung in Heidenheim. Ein Tätigkeitsspektrum, das offensichtlich wegweisend für seinen weiteren Berufsweg war: „Da war ich im Sozialbereich schon tätig und habe gedacht: Das ist es.“Er studierte und wurde Diplom-sozialarbeiter und Diplom-pädagoge. In Tübingen hat er anschließend promoviert. Nach der Wende in der DDR bewarb er sich an der Hochschule Mittweida in der Nähe von Chemnitz und wurde genommen. An der Hochschule blieb er als Professor bis zum Wintersemester 2016/2017, seitdem ist der Sozialwissenschaftler im Ruhestand.
In dieser Zeit kaufte Wöhrle mit seiner Frau einen alten Vierseithof in der Nähe von Waldheim bei Chemnitz. Und zu diesem Hof gehörte eine Katze. „Die war ganz freundlich und hat auch gleich Kontakt aufgenommen“, erinnert sich Wöhrle. Jetzt besaßen sie bereits zwei Katzen, denn eine hatten sie selbst mitgebracht. Alsbald sprach sich in Katzenkreisen der näheren Umgebung herum, dass es bei Wöhrles immer sehr leckeres Futter gab, „und dann hatten wir plötzlich 14 Katzen. Da habe ich gesagt: Jetzt muss man das so langsam dokumentieren und sich mit Katzen beschäftigen“.
Der Grundstein für sein Buch war gelegt.
„Wenn ich mal in den Ruhestand gehe, dann schreibe ich über Katzen“, erklärt Armin Wöhrle, wenn man ihn nach seiner Motivation für das Buch fragt. Über die Jahre hatte er sehr viele Fotos und Beobachtungen gesammelt.
Die Sinne der Katzen
Im Laufe seiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit seinen Vierbeinern hat Wöhrle festgestellt, dass Katzen „extrem unterschiedliche Wahrnehmungen – verglichen mit uns – haben“, erläutert
er. „Wir Menschen haben ein Seh-bild unserer Umwelt.“Bei Katzen kämen noch viel stärker andere Sinneswahrnehmungen hinzu. „Die Katze nimmt über das Gehör, über den Geruch – Katzen haben zwei verschiedene Geruchsorgane – oder über Empfindungen in den Pfoten wahr.“
Für ihn war die erstaunlichste Erkenntnis während seiner Forschungen, „dass wir uns überhaupt über die Artengrenze hinweg verständigen, dass wir überhaupt in Kontakt treten können. Und dass wir ungefähr nachvollziehen können, was die wollen und die ungefähr nachvollziehen können, wie wir sind und wie wir reagieren“, erläutert Armin Wöhrle.
Überhaupt scheint die Kommunikation zwischen Mensch und Katze etwas Besonderes zu sein, möglicherweise ist sie auch deshalb das beliebteste Haustier Deutschlands. „Katzen sind unglaublich lernfähig“, so Wöhrle. „Die kriegen natürlich mit, dass wir sozusagen Schwätzer sind, die immer etwas vor sich hinbrubbeln. Und dann entwickeln sie extra für uns Töne, um mit uns in Verbindung zu treten. Diese Töne würden sie unter Katzen niemals verwenden.“Katzen würden zudem sogar versuchen, unsere menschlichen Töne nachzuahmen.
Das Bemerkenswerte ist nun aber, dass Armin Wöhrle eigentlich ein „Hundetyp“ist, wie er selber sagt. „Früher hatte ich immer Hunde und war mit denen auf der Schwäbischen Alb unterwegs. Aber jetzt haben mich Katzen erobert.“Eins ist aber geblieben wie früher: Einige seiner Katzen gehen genauso kilometerweit mit ihm spazieren wie früher seine Hunde.