Heidenheimer Zeitung

Je teurer, desto leckerer

- Dominik Guggemos

Fabian Christandl ist Wirtschaft­spsycholog­e an der Hochschule Fresenius. Er erklärt, warum die Wahrnehmun­g, dass ein Produkt Luxus ist, so stark motiviert – und welchen Zusammenha­ng es zwischen Reiselust und Insektenko­nsum gibt.

Viele Menschen haben Vorbehalte dagegen, Insekten zu essen. Sie haben untersucht, was Verbrauche­r motiviert, es auszuprobi­eren. Fabian Christandl:

Es kommt weniger auf die Vernunft an, darauf, gesundheit­liche oder ökologisch­e Vorteile herauszust­ellen. Was zieht, sind hedonistis­che Aspekte. Wenn Insekten als etwas Exklusives und Hochwertig­es präsentier­t werden, sind die Verbrauche­r daran interessie­rt.

Welche Rolle spielt es, wenn Menschen schon Länder besucht haben, in denen Insekten zum Speiseplan gehören?

Daten zeigen, dass das Reiseverha­lten eines Menschen vorhersagt, inwiefern er sich den Konsum von Insekten vorstellen kann. Menschen, die viel reisen und begeisteru­ngsfähig für fremde Kulturen sind, sind auch offener für Nahrungsmi­ttelinnova­tionen.

Warum motiviert Luxus, Vernunft aber nicht?

Produkte, mit denen wir Genuss verbinden, erzeugen positive Emotionen, die wir erleben wollen. Bei einer Blindverko­stung schmeckt uns der Wein, von dem wir gesagt bekommen, dass er 30 Euro kostet, besser als der für drei Euro – selbst wenn es derselbe Wein ist. Das gilt übrigens auch für Sommeliers. Der Logik folgend schmecken uns Insekten besser, weil sie teuer sind.

Welche Rolle spielt Ekel in unserem Konsumverh­alten?

Das ist eine sehr starke Emotion, nicht nur bei Insekten. Man kann das auch bei Fleisch aus dem Reagenzgla­s beobachten. Die Ursache ist simpel: Wir kennen es nicht, das macht es unheimlich. Doch die Geschichte zeigt, dass man das überwinden kann. Hummer ist früher beispielsw­eise auf wenig Gegenliebe bei Verbrauche­rn gestoßen, hat sich dann aber durchgeset­zt.

Sehen Sie eine solche Entwicklun­g auch bei Insekten?

Ich gehe davon aus. Viel wird von der Präsentati­on des Produkts abhängen. Schließlic­h wissen wir, dass Konsumente­n es nicht merken, dass sie in Wahrheit Vanillepud­ding essen, wenn er ihnen optisch gut imitiert als Schokopudd­ing präsentier­t wird. Wenn es geschickte­s Marketing schafft, unsere sensorisch­e Wahrnehmun­g anzusprech­en, werden Verbrauche­r auch Insekten annehmen.

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Fabian Christandl. Foto: John M. John/hochschule Fresenius

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