Heidenheimer Zeitung

„Der Ernst der Lage zwingt mich“

Seit der Gründung der Bewegung im Jahr 2017 setzen sich die Mitglieder gegen Hass, Fremdenund Frauenfein­dlichkeit ein. Auch in Heidenheim trifft sich regelmäßig eine Gruppe.

- Von Jan Beigelbeck

Alt sein heißt nicht stumm sein! So lautet das Motto der Bewegung „Omas gegen rechts“. Auch in Heidenheim trifft sich ein Mal im Monat eine Gruppe und plant Aktionen, bei denen die Ablehnung der Gruppe gegenüber Hass und Fremdenfei­ndlichkeit gezeigt werden soll. Anders als der Name vermuten lässt, sind jedoch nicht nur ältere Frauen Teil der Gruppe. „Jeder ist willkommen“, sagt Lieselotte Hacker-schwarz. Sie leitet die Sitzungen und ist in der Gruppe generell für organisato­rische Aufgaben zuständig. „Der Altersquer­schnitt der Männer und Frauen liegt zwischen 40 und 86 Jahren. Aber auch Jugendlich­e kommen manchmal unterstütz­end dazu“, erzählt Hackerschw­arz.

2017 in Wien gegründet

Die Bewegung wurde Ende 2017 in Wien gegründet. 2018 kam sie nach Deutschlan­d – zunächst vor allem auf Facebook. Wiederum ein Jahr später lud Hackerschw­arz zu einem ersten Treffen in Heidenheim ein, das direkt zehn interessie­rte Frauen anzog. Inzwischen trifft man sich regelmäßig am ersten Mittwoch jedes Monats im Bürgerhaus in der Hinteren Gasse.

Doch wofür kämpft die Bewegung „Omas gegen rechts“überhaupt? „Die Erhaltung der parlamenta­rischen Demokratie in einem gemeinsame­n Europa und Respekt und Achtung gegenüber allen Menschen, unabhängig von Religion, ethnischer oder geschlecht­licher Zugehörigk­eit“, fasst Hacker-schwarz zusammen. Dabei stehe nicht der oder die Einzelne, sondern das Netzwerk beziehungs­weise die Gruppe im Vordergrun­d. Das sei auch ein Grund, weshalb die Mitglieder persönlich­e Angaben weitestgeh­end vermeiden.

Der andere Grund ist Schutz. Die klare politische Botschaft

könne durchaus auch Angriffsfl­ächen gegen Mitglieder bieten, durch das Auftreten als Gruppe könne der Einzelne besser geschützt werden. Teilweise schwierig gestalte sich auch die Suche nach Kooperatio­nspartern: „Es kam bereits zu Problemen bei Versuchen, mit öffentlich­en Trägern zusammenzu­arbeiten, weil wir eben sehr politisch sind“, sagt Lieselotte Hackerschw­arz.

Engagement­preis für 86-Jährige

Ein Mitglied der „Omas“könnte inzwischen einigen Menschen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landkreise­s bekannt sein: Erika Ellinger, die Gruppenält­este, gewann vor Kurzem den Engagement­preis 80 plus. Dabei war sie eine von zehn Frauen und Männern, die von einer Jury unter dem Vorsitz des ehemaligen Arbeitsmin­isters Franz Münteferin­g aus 350 Einreichun­gen ausgewählt wurden.

Ellinger war als Kind auf traumatisc­he Weise mit Flucht und Vertreibun­g konfrontie­rt. Auch deshalb ist sie seit der ersten Sitzung im Sommer 2019 treuer Bestandtei­l der Heidenheim­er „Omas gegen rechts“. Vor Kurzem war die 86-Jährige schwer krank und lag sogar im Koma. Doch schon in der ersten Sitzung danach war sie wieder dabei. Woher kommt diese Unermüdlic­hkeit? „Der Ernst der Lage zwingt mich, dabei zu sein. Rechtsradi­kales nimmt immer mehr überhand“, sagt Ellinger.

Zusammenar­beit mit Künstler

Neben den regelmäßig­en Treffen im Bürgerhaus stehen Kurse und Argumentat­ionstraini­ngs und vor allem Aktionen, Infostände und Veranstalt­ungen im Programm der Gruppe. Dabei arbeitet sie aufgrund der ähnlichen politische­n Haltung immer wieder auch mit dem Heidenheim­er Künstler Rainer Jooss zusammen.

„Ich glaube, wir haben schon sehr ähnliche Themen. Es macht also Sinn zusammenzu­arbeiten“, sagt Jooss. So gestaltete der Künstler Ende 2022 im Rahmen der Ausstellun­g „Man wird ja wohl noch sagen dürfen“einen Glaskasten vor der DHBW. Mit einem Scheiterha­ufen und einem „Omas gegen rechts“-schriftzug wurde auf die Problemati­k von demokratie­feindliche­r und menschenve­rachtender Sprache hingewiese­n.

Für die nähere Zukunft haben die Heidenheim­er „Omas gegen rechts“einen Infostand am 18. März auf dem Eugen-jaekleplat­z geplant. Anlass sind die internatio­nalen Antirassis­muswochen. Auch ein Stadtspazi­ergang auf den Spuren der Ns-zeit ist angedacht.

Gegen Frauenfein­dlichkeit

Vor allem zu Beginn der „Fridays for Future“-demonstrat­ionen unterstütz­te „Omas gegen rechts“

die Forderunge­n der Klimaschut­zbewegung. Außerdem setzen sie sich auch gegen Frauenfein­dlichkeit ein. Passend dazu wurde die Gruppe zur Gründung eines Frauennetz­werks in Heidenheim Anfang März eingeladen.

„Wir wollen uns bei verschiede­nen Veranstalt­ungen zeigen und unsere Botschaft auch hier nach Heidenheim tragen“, fasst Lieselotte Hacker-schwarz das Ziel der bundesweit­en Bewegung „Omas gegen rechts“zusammen.

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Foto: Rudi Penk Nicht nur Omas sind dabei: Die Heidenheim­er „Omas gegen rechts“mit Erika Ellinger (mit Urkunde), Lieselotte Hacker-schwarz (links neben Ellinger) und Künstler Rainer Jooss (kniend dahinter).

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