Wirklich kurzer Prozess?
Bestimmte Verfahren vor den Verwaltungsgerichten sollen beschleunigt werden. Kritiker sprechen von einer Mini-reform.
Berlin. Mehr Windräder, neue Stromtrassen, Ausbau des Schienennetzes – bei zahlreichen Infrastrukturprojekten geht es auch deshalb nicht richtig voran, weil vor Verwaltungsgerichten dagegen geklagt wird und sich die Verfahren in die Länge ziehen. Mit den Stimmen der Ampel-fraktionen und der Linken hat der Bundestag am Freitag ein Gesetz zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher Verfahren beschlossen. Wichtige Fragen:
Wie sollen die Verfahren künftig abgekürzt werden?
Unter anderem erhalten Verfahren zu wichtigen Infrastrukturprojekten bei den Verwaltungsgerichten künftig Vorrang vor anderen Verfahren. Zudem sollen kleinere Mängel bei Behördenentscheidungen nicht mehr automatisch dazu führen, dass das Gericht den Stopp eines Projektes verfügt. Auch werden zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, dass sich die Streitparteien früh einigen können, ohne dass ein Gerichtsurteil gesprochen werden muss. Ziel all dieser Maßnahmen ist es, die derzeitige durchschnittliche Verfahrensdauer bei Verwaltungsgerichten von 13 Monaten deutlich zu senken.
Wie weit ist die Ampel ihren Kritikern entgegengekommen?
Sehr weit. In 20 Punkten sei das Gesetz nach der massiven Kritik bei den Anhörungen im Rechtsausschuss noch einmal geändert worden, sagte Timon Gremmels (SPD) am Freitag im Bundestag. Experten hatten moniert, dass viele der ursprünglich geplanten Änderungen praxisfremd seien und die Verfahren eher verlängern als verkürzen. Nun gilt, dass ein Gericht Behörden eine Frist setzen „muss“, in der diese ihre Entscheidungen nachbessern können. Ursprünglich war eine Kann-regelung geplant. Die Frist, die Behörden zur Erwiderung einer Klage gesetzt wird, soll auch nicht mehr, wie zunächst vorgesehen, auf zehn Wochen begrenzt werden, sondern ins Ermessen des Gerichts gestellt werden. Außerdem
sind die Behörden künftig aufgefordert, Akten, wenn sie elektronisch geführt werden, „als digital durchsuchbare Dokumente anzulegen“.
Werden Infrastrukturprojekte nun schneller fertig?
Vermutlich nicht sehr viel schneller. Denn die beschlossenen Änderungen werden vielleicht dazu beitragen, Gerichtsverfahren schneller zu beenden, die meiste Zeit geht bei großen Infrastrukturprojekten jedoch in der Planungsphase verloren, weshalb der Cdu-verwaltungsexperte Philipp Amthor, bezogen auf die Verfahrensbeschleunigung, im Bundestag von einer „Mini-reform“sprach. Die große Reform zur Planungsbeschleunigung lässt aber weiter auf sich warten – auch, weil Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne), zumindest bei Autobahn-neubauten, Bedenken hat, dass bei kürzeren Planungsphasen Auflagen zum Schutz der Natur auf der Strecke bleiben könnten.