Energie aus Abwasser
Ein neues Blockheizkraftwerk soll dafür sorgen, dass aus dem Klärschlamm noch mehr Strom als bislang schon für den Eigenbedarf gewonnen werden kann.
Die Mergelstetter Kläranlage ist der größte Stromverbraucher in Heidenheim. Zuletzt lag der Bedarf bei 3,3 Millionen Kilowattstunden im Jahr. Angesichts der steigenden Energiepreise kommt den beiden Blockheizkraftwerken (BHKW) deshalb große Bedeutung zu. Sie erzeugten 2022 aus dem an Ort und Stelle anfallenden Klärgas rund zwei Millionen Kilowattstunden Strom. Das brachte der Stadt eine Ersparnis von rund 400.000 Euro ein.
Laut Gerhard Horlacher, der bei der Stadtverwaltung den Fachbereich Bauen leitet, kommt der ältere der Motoren nach gut 66.000 Betriebsstunden binnen eines Jahrzehnts jetzt „langsam an seine Grenzen“. Eine verminderte Leistungsfähigkeit geht demzufolge mit einer zu erwartenden Zunahme an Ausfallzeiten einher.
Neuer Motor kostet 470.000 Euro
Das BHKW soll deshalb gegen ein modernes Exemplar ausgetauscht werden. Kostenpunkt: 470.000 Euro. Gut investiertes Geld, da sich die Ausgabe binnen kurzer Zeit amortisieren werde, befand Stadtrat Hans Kurowski (Grüne), nachdem sich der Technik- und Umweltausschuss vor Ort ein Bild von den Gegebenheiten gemacht hatte. „Sehr rentierlich und von großem ökologischen Nutzen“, pflichtete Horlacher bei, wenngleich die Kosten für die Wartung berücksichtigt werden müssten.
Ralf Willuth (Freie Wähler) sprach angesichts der vorgelegten Bilanz vom „Erfolgsmodell BHKW“, während Dr. Waltraud Bretzger (CDU/FDP) hervorhob, „dass uns über das Faulgas erneuerbare Energie zur Verfügung steht, die permanent anfällt“. Zugleich betonte sie die Verteilung der Kosten auf alle an die Kläranlage angeschlossenen Kommunen.
Deutlich mehr Faulgas
Lukrativ ist die geplante Investition nicht zuletzt dank der im Juli 2021 erfolgten Inbetriebnahme zweier Faultürme. Sie führte dazu, dass seither deutlich mehr
Faulgas zur Verfügung steht, aus dem sich mittels eines BHKW mit hohem Wirkungsgrad viel Energie gewinnen lässt.
Vorgesehen ist auch, das Betriebsgebäude der Anlage mit Abwärme aus den Blockheizkraftwerken zu heizen. Erdgas soll künftig nur noch eingesetzt werden, wenn die BHKW ausfallen. Allein für die Beheizung der Faulungsanlage sind jährlich 1,8 Millionen Kilowattstunden nötig.
Während das Abwasser nach seiner Reinigung in die Brenz fließt, bleibt vom ursprünglich dünnflüssigen Klärschlamm nach einem mehrstufigen Verfahren ein nur noch wenig feuchtes Granulat übrig. Dieses wird bislang überwiegend in Zementwerken und Braunkohlekraftwerken verbrannt. Für die Jahre 2023 bis 2025 hat die Stadt Heidenheim ein Unternehmen damit beauftragt, 15.000 Tonnen zu entsorgen. Preis: 1,3 Millionen Euro.
2025 werden die Karten neu gemischt: Bei der dann anstehenden Ausschreibung soll eine Vorgabe der Klärschlammverordnung berücksichtigt werden. Sie schreibt
verpflichtend vor, dass ab 2029 Phosphor aus dem Klärschlamm zurückgewonnen werden muss. Die Transportwege dürften sich damit auch für das Material aus der Mergelstetter Kläranlage verlängern, fällt das Zementwerk Schwenk dann doch als Hauptabnehmer weg.
Unabhängig davon erweisen sich die momentan zur Zwischenlagerung des getrockneten Klärschlamms verwendeten drei Abrollcontainer als unwirtschaftlich, „weil sie auf kurze Wege ausgelegt und die Abholer mit ihren Fahrzeugen gleichzeitig auf große Mengen eingestellt sind“, so Horlacher. Das Volumen ist bei 30 bis 40 Tonnen bereits nach jeweils drei Tagen erschöpft.
Kauf von Silo genehmigt
Ein von der Verwaltung beauftragtes Ingenieurbüro hatte die Aufgabe, angesichts der anstehenden Veränderungen die Zukunftsfähigkeit der Logistik auf dem Kläranlagengelände zu bewerten. Unter anderem ging es um die Frage, ob es wirtschaftlichere Lösungen als besagte Abrollcontainer
gibt. Neben diesen wurden ein oberirdischer Lagerbehälter, eine überdachte Lagerhalle und ein auf Ständern ruhendes Silo geprüft, unter das ein Fahrzeug gesteuert werden kann, um dann beladen zu werden.
Ergebnis: In finanzieller Hinsicht ergaben sich keine gravierenden Unterschiede. Unter Berücksichtigung von Speichervolumen, Automatisierung, Flächenbedarf, Erweiterungspotenzial und innerbetrieblichem Aufwand erwies sich das Hochsilo jedoch als vorteilhafteste Variante. Sämtliche Ratsmitglieder sprachen sich dafür aus, dafür 1,2 Millionen Euro bereitzustellen.
Sprecher aller Fraktionen schlossen sich dem Appell Kurowskis an, auf die Verlagerung des Transports von der Straße auf die Schiene hinzuwirken. Horlacher verwies darauf, dass noch offen sei, in welche Richtung sich der Markt entwickeln werde. Allerdings sei unwahrscheinlich, dass sich angesichts von 5000 Tonnen Klärschlamm im Jahr für die Stadt der Bau eines eigenen Gleises lohne. Möglicherweise würde dann das neue Silo als Zwischenlager genutzt.
Störungen durch Fremdkörper
„Sie sprechen mir aus der Seele“, kommentierte Horlacher derweil Bretzgers Anregung, immer wieder darüber aufzuklären, was nicht in der Toilette landen darf. „Hygieneartikel können Störungen im Betriebsablauf verursachen“, so Horlacher, „deshalb müssen sie aufwendig von unseren Mitarbeitern aus dem Wasser herausgeholt werden.“