Gelber Sack vor dem Aus?
Immer mehr Kommunen stellen ihr System um. Was dahintersteckt und wie die Entsorger mit hohen Energiepreisen umgehen.
Es ist noch gar nicht lange her, dass manchen Kommunen die Gelben Säcke ausgingen. Es gab einen weltweiten Mangel an den Granulaten, die für die Herstellung benötigt werden. Einige Gemeinden und Landkreise hatten zwar bestellt, die Lieferschwierigkeiten ließen die Vorräte aber schnell schrumpfen und die Bürgerinnen und Bürger gingen zeitweise leer aus. Sie mussten improvisieren und durften andere Müllsäcke nutzen.
Diese Schwierigkeit ist ausgeräumt. „Hier gibt es in unseren Mitgliedsunternehmen momentan keine Probleme. Die Belieferungen erfolgen meist in mehreren Tranchen, welche in letzter Zeit immer termingenau waren“, sagt Patrick Hasenkamp, Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) und Leiter der Abfallwirtschaftsbetriebe Münster, auf Anfrage. „Derzeit ist uns kein gravierender Mangel an Gelben Säcken bekannt“, sagt auch Lena Langenkämper, Pressesprecherin von Remondis, dem größten deutschen Entsorgungsunternehmen.
Gelbe Tonne gefragt
Trotzdem werden Gelbe Säcke weniger, wenn auch auf eine ganz andere Art. Immer mehr Kommunen stellen auf die Gelbe Tonne um. „Derzeit wurden in bereits 80 öffentlich-rechtlichen Entsorgungsgebieten die Säcke durch Tonnen ersetzt, und immer mehr Kommunen machen von der Möglichkeit Gebrauch, einen solchen Wechsel gegenüber den Dualen Systemen zu veranlassen“, bestätigt Hasenkamp. Allerdings: „Ein flächendeckender, bundesweiter Austausch ist nicht vorgesehen und so rechtlich auch nicht möglich.“Die Kommunen entscheiden selbst, „ob und wann sie einen Systemwechsel machen möchten“.
Die Entscheidung zwischen Sack und Tonne hänge auch stark von den Gegebenheiten vor Ort ab, erklärt Langenkämper. „Es lässt sich sicherlich sagen, dass Kommunen hier und dort ihr Sammelsystem überdenken und dann beispielsweise vom Sack zur Gelben Tonne oder gar Wertstofftonne wechseln.“Genauso gebe es aber auch Kommunen, die an ihrem Sammelsystem mit Säcken festhalten, da es sich für sie im Speziellen bewährt hat.
Folgen hat die Entscheidung auch für die Entsorgungsbetriebe, wie sie erzählt. So werden für Sack und Tonne unterschiedliche Fahrzeuge eingesetzt. „Dies entscheidet dann auch darüber, wie viel Personal benötigt wird“, sagt Langenkämper. Zudem könne sich auch der Abholrhythmus ändern. Was gleich bleibt: „Es werden auch weiterhin ausschließlich Leichtverpackungen im Gelben
Sack oder der Gelben Tonne gesammelt und zum jeweiligen Abfuhrtag an die Straße gestellt.“Beide Systeme – Säcke und Tonnen – haben dabei ihre Vorund Nachteile. „Wir als sammelndes Unternehmen finden grundsätzlich Tonnen besser, weil sie hygienischer und sauberer sind und bei Wind nicht so schnell umgeweht werden können“, sagt Langenkämper. Zudem könnten für die Leerung der Tonnen auch Seitenlader eingesetzt werden, wodurch weniger Personal benötigt werde. Für Gelbe Säcke spreche jedoch, dass sie erst einmal weniger Platz benötigen. „Gerade in älteren Innenstädten kann es vorkommen, dass die Wege zu eng sind oder die Stellplätze für Tonnen begrenzt sind.“Zudem ließen sich bei Säcken Fehlwürfe besser erkennen.
Hasenkamp zählt vor allem die Vorteile von Gelben Tonnen auf. So könne der öffentliche Raum sauberer gehalten werden, wenn kein Müll aus aufgeplatzten oder vom Wind herum gewehten Säcken herumliege. Außerdem würden Ressourcen eingespart durch den Wechsel von Einweg zu Mehrweg, weniger Plastiksäcke müssten hergestellt werden. Und es könnte die „missbräuchliche Verwendung von Gelben Säcken als Kindersitzüberzug am Fahrrad oder als Kleidersack“verhindert werden.
Die Branche erlebe grundsätzlich gerade eine „für uns ambivalente Entwicklung“, erklärt Hasenkamp. Die kommunalen Entsorger spürten in den Fällen, in denen sie nur Energieverbraucher
Hohe Kosten und teils hohes Potenzial.
sind, durchaus die Belastung durch die hohen Energiepreise. „Dies betrifft insbesondere die Abfallsammlung, etwa durch die hohen Kraftstoffkosten.“Auf der anderen Seite seien aber auch immer mehr öffentlich-rechtliche Entsorgungsunternehmen gleichzeitig Energieproduzenten, etwa von Biogas oder über die Müllverbrennung, über Photovoltaikund Windkraftanlagen auf Müllverbrennungsanlagen oder ehemaligen Deponien. In diesem Fall können sie sogar profitieren.
Darauf geht auch Remondissprecherin Langenkämper ein. Um Energiesicherheit zu gewährleisten, bemühe sich das Unternehmen, das Potenzial von Gas aus Bioabfällen in den Blickpunkt zu rücken. Aber: „Natürlich hat auch unsere Branche mit höheren Kosten bei Energie oder Treibstoff zu tun.“Zudem leide auch die Entsorgungsgruppe unter dem Fachkräftemangel. „All diese Herausforderungen belasten die Leistung der Kreislaufwirtschaft und stellen die Branche vor große Herausforderungen.“