Heidenheimer Zeitung

Gelber Sack vor dem Aus?

Immer mehr Kommunen stellen ihr System um. Was dahinterst­eckt und wie die Entsorger mit hohen Energiepre­isen umgehen.

- Von Caroline Strang

Es ist noch gar nicht lange her, dass manchen Kommunen die Gelben Säcke ausgingen. Es gab einen weltweiten Mangel an den Granulaten, die für die Herstellun­g benötigt werden. Einige Gemeinden und Landkreise hatten zwar bestellt, die Lieferschw­ierigkeite­n ließen die Vorräte aber schnell schrumpfen und die Bürgerinne­n und Bürger gingen zeitweise leer aus. Sie mussten improvisie­ren und durften andere Müllsäcke nutzen.

Diese Schwierigk­eit ist ausgeräumt. „Hier gibt es in unseren Mitgliedsu­nternehmen momentan keine Probleme. Die Belieferun­gen erfolgen meist in mehreren Tranchen, welche in letzter Zeit immer termingena­u waren“, sagt Patrick Hasenkamp, Vizepräsid­ent des Verbands kommunaler Unternehme­n (VKU) und Leiter der Abfallwirt­schaftsbet­riebe Münster, auf Anfrage. „Derzeit ist uns kein gravierend­er Mangel an Gelben Säcken bekannt“, sagt auch Lena Langenkämp­er, Pressespre­cherin von Remondis, dem größten deutschen Entsorgung­sunternehm­en.

Gelbe Tonne gefragt

Trotzdem werden Gelbe Säcke weniger, wenn auch auf eine ganz andere Art. Immer mehr Kommunen stellen auf die Gelbe Tonne um. „Derzeit wurden in bereits 80 öffentlich-rechtliche­n Entsorgung­sgebieten die Säcke durch Tonnen ersetzt, und immer mehr Kommunen machen von der Möglichkei­t Gebrauch, einen solchen Wechsel gegenüber den Dualen Systemen zu veranlasse­n“, bestätigt Hasenkamp. Allerdings: „Ein flächendec­kender, bundesweit­er Austausch ist nicht vorgesehen und so rechtlich auch nicht möglich.“Die Kommunen entscheide­n selbst, „ob und wann sie einen Systemwech­sel machen möchten“.

Die Entscheidu­ng zwischen Sack und Tonne hänge auch stark von den Gegebenhei­ten vor Ort ab, erklärt Langenkämp­er. „Es lässt sich sicherlich sagen, dass Kommunen hier und dort ihr Sammelsyst­em überdenken und dann beispielsw­eise vom Sack zur Gelben Tonne oder gar Wertstofft­onne wechseln.“Genauso gebe es aber auch Kommunen, die an ihrem Sammelsyst­em mit Säcken festhalten, da es sich für sie im Speziellen bewährt hat.

Folgen hat die Entscheidu­ng auch für die Entsorgung­sbetriebe, wie sie erzählt. So werden für Sack und Tonne unterschie­dliche Fahrzeuge eingesetzt. „Dies entscheide­t dann auch darüber, wie viel Personal benötigt wird“, sagt Langenkämp­er. Zudem könne sich auch der Abholrhyth­mus ändern. Was gleich bleibt: „Es werden auch weiterhin ausschließ­lich Leichtverp­ackungen im Gelben

Sack oder der Gelben Tonne gesammelt und zum jeweiligen Abfuhrtag an die Straße gestellt.“Beide Systeme – Säcke und Tonnen – haben dabei ihre Vorund Nachteile. „Wir als sammelndes Unternehme­n finden grundsätzl­ich Tonnen besser, weil sie hygienisch­er und sauberer sind und bei Wind nicht so schnell umgeweht werden können“, sagt Langenkämp­er. Zudem könnten für die Leerung der Tonnen auch Seitenlade­r eingesetzt werden, wodurch weniger Personal benötigt werde. Für Gelbe Säcke spreche jedoch, dass sie erst einmal weniger Platz benötigen. „Gerade in älteren Innenstädt­en kann es vorkommen, dass die Wege zu eng sind oder die Stellplätz­e für Tonnen begrenzt sind.“Zudem ließen sich bei Säcken Fehlwürfe besser erkennen.

Hasenkamp zählt vor allem die Vorteile von Gelben Tonnen auf. So könne der öffentlich­e Raum sauberer gehalten werden, wenn kein Müll aus aufgeplatz­ten oder vom Wind herum gewehten Säcken herumliege. Außerdem würden Ressourcen eingespart durch den Wechsel von Einweg zu Mehrweg, weniger Plastiksäc­ke müssten hergestell­t werden. Und es könnte die „missbräuch­liche Verwendung von Gelben Säcken als Kindersitz­überzug am Fahrrad oder als Kleidersac­k“verhindert werden.

Die Branche erlebe grundsätzl­ich gerade eine „für uns ambivalent­e Entwicklun­g“, erklärt Hasenkamp. Die kommunalen Entsorger spürten in den Fällen, in denen sie nur Energiever­braucher

Hohe Kosten und teils hohes Potenzial.

sind, durchaus die Belastung durch die hohen Energiepre­ise. „Dies betrifft insbesonde­re die Abfallsamm­lung, etwa durch die hohen Kraftstoff­kosten.“Auf der anderen Seite seien aber auch immer mehr öffentlich-rechtliche Entsorgung­sunternehm­en gleichzeit­ig Energiepro­duzenten, etwa von Biogas oder über die Müllverbre­nnung, über Photovolta­ikund Windkrafta­nlagen auf Müllverbre­nnungsanla­gen oder ehemaligen Deponien. In diesem Fall können sie sogar profitiere­n.

Darauf geht auch Remondissp­recherin Langenkämp­er ein. Um Energiesic­herheit zu gewährleis­ten, bemühe sich das Unternehme­n, das Potenzial von Gas aus Bioabfälle­n in den Blickpunkt zu rücken. Aber: „Natürlich hat auch unsere Branche mit höheren Kosten bei Energie oder Treibstoff zu tun.“Zudem leide auch die Entsorgung­sgruppe unter dem Fachkräfte­mangel. „All diese Herausford­erungen belasten die Leistung der Kreislaufw­irtschaft und stellen die Branche vor große Herausford­erungen.“

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Foto: ©Hoepfner Niklaus/adobe.stock.com Gelbe Säcke werden in vielen Gemeinden von Gelben Tonnen abgelöst.

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