„Schlechte Vorzeichen“
Es sieht so aus,
als ob dieses Mal technisch alles bei der Wahl geklappt hat. Aber Berlin überrascht die politischen Beobachter trotzdem wieder. Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler von den „Blättern für deutsche und internationale Politik“hat jedenfalls mit einigem Erstaunen auf die Wahlergebnisse geblickt.
Herr von Lucke, hat Sie der so deutliche Sieg der CDU überrascht? Albrecht von Lucke:
Ja und nein. Der Cdu-spitzenkandidat Kai Wegner ist ja keinesfalls eine charismatische Erscheinung; aber die Unzufriedenheit mit dem Senat und vor allem mit der SPD ist eben immens groß.
Wäre es demokratisch, der CDU den Posten des Regierenden Bürgermeisters zu verweigern?
Am Ende ist entscheidend, wer eine Regierung bilden kann. Und da spricht inhaltlich vieles für die Fortsetzung der linken Dreierkoalition. Aber angesichts des hohen Cdu-wahlsieges und den weniger als 20 Prozent für den Zweiten wäre eine Regierungsbildung ohne CDU eine echte Hypothek für die kommende Bürgermeisterin.
Die SPD hat das schlechteste Berliner Ergebnis der Geschichte geholt. Und das, obwohl Franziska Giffey deutlich populärer ist als die Konkurrenz. Ist also die Bundes-spd schuld?
Das glaube ich nicht. Die Berlinerinnen und Berliner fühlen sich einfach extrem schlecht regiert. Am schlechtesten in ganz Deutschland. Dafür bekommt die Partei, die seit 20 Jahren ununterbrochen regiert, jetzt die Quittung.
Und auch dafür, dass die Wahl überhaupt wiederholt werden musste, ohne dass dafür irgendwer aus der politisch ersten Reihe, zum Beispiel der Innensenator von der SPD, die Verantwortung übernommen hätte.
Die FDP ist in Berlin seit einer Ewigkeit in der Opposition, und bei dieser Wahl mussten die Liberalen wieder zittern. Auch bundesweit bewegt sich die FDP in den Umfragen auf sehr niedrigem Niveau. Was ist los mit den Liberalen?
Bei der FDP liegt das Problem klar im Bund. In Berlin war die Performance des Spitzenkandidaten gar nicht so schlecht. Aber der Versuch im Bund, Opposition in der Ampel zu sein, muss scheitern, wenn es daneben eine große bürgerliche Oppositionspartei, die CDU, gibt und eine laute, rechtspopulistische Partei, die AFD. Die Gefahr, dass sich Lindner und Co. jetzt noch mehr gegen ihre rot-grünen Koalitionspartner radikalisieren, ist angesichts des Wahlausgangs in Berlin groß – schlechte Vorzeichen für die Ampel.