Die Welling-air fliegt endlich wieder weit
Nach Jahren des Leidens holt sich Andreas Wellinger in Lake Placid seinen vierten Weltcup-sieg.
Als Andreas Wellinger endlich wieder ganz oben auf dem Podest stand, wurde der sonst so in sich ruhende Bayer emotional. „Ich habe brutal gekämpft in den letzten Wochen, Monaten und Jahren“, sagte der Skisprung-olympiasieger mit brüchiger Stimme. Immer wieder war er von Verletzungen zurückgeworfen worden – doch zwei Wochen vor der WM fliegt die „Welling-air“wieder.
„Das fühlt sich einfach so geil an“, sagte der 27-Jährige vom SC Ruhpolding. Nicht Karl Geiger oder Markus Eisenbichler sorgte für den ersehnten ersten deutschen Saisonsieg, sondern jener Wellinger, der für Olympia 2022 in Peking nicht einmal nominiert worden war. „Für den Andi freut es mich wahnsinnig. Er hat eine lange Leidenszeit hinter sich“, sagte Bundestrainer Stefan Horngacher. Wohl wahr: Seit seinem Kreuzbandriss im Juni 2019 hatte Wellinger kein einziges Mal auf dem Podest gestanden. Nach der großen Verletzung kamen andere, manche bereiteten schon den Abgesang vor. Nun klappte es mit Weltcupsieg Nummer vier, dem ersten seit 2017.
Rechtzeitig zur WM fit
Wellingers Coup könnte dem DSV-TEAM den erhofften Wmschwung geben. Horngacher traut seinem Schützling bei den Titelkämpfen viel zu. „Er ist mit dieser Form auf dem besten Weg, auch zur WM. Besonders die kleine Schanze in Planica liegt dem Andi sehr gut“, sagte der Schwarzwälder. Wellinger hatte mehrfach angedeutet, dass mit ihm wieder zu rechnen ist, doch der Knoten wollte nicht platzen. In Lake Placid war es endlich soweit. „Mensch, er fliegt wieder“, jubelte Ex-weltmeister Martin Schmitt am Eurosport-mikrofon.
Noch im Auslauf nahm Wellinger Andre Kiesewetter in die Arme, von dem er den vielleicht entscheidenden Tipp erhalten hatte. „Andi hat mich vor dem Springen gefragt, wie man hier gewinnt“, sagte Kiesewetter, der 1990 beim zuvor letzten Weltcup in Lake Placid gesiegt hatte: „Ich habe geantwortet, dass man einfach locker bleiben soll. Ich habe ihm so sehr gewünscht, dass er mein Nachfolger wird“. Es klappte tatsächlich.
„Unglaublich, was hier passiert ist. Das muss ich erst noch realisieren“, sagte Wellinger, der wenige Stunden später bei der Premiere im Super-team-wettkampf mit Geiger Vierter wurde. Der Sieg ging an Polen vor Österreich und Japan. Am Sonntag legte das deutsche Duo beim Erfolg des norwegischen Tourneesiegers Halvor Egner Granerud dann nach: Während Wellinger mit Rang zwei seine Topform bestätigte, schrammte Skiflug-weltmeister Karl Geiger als Vierter knapp am Podest vorbei.