Der FCH im Gefühlschaos
Der 1. FC Heidenheim dominiert den Hamburger SV in der Voith-arena und führt bis in die Schlussphase mit 3:0. Doch dann sorgen die Gäste für ein emotionales Finale.
Es war 22.27 Uhr, als Schiedsrichter Deniz Aytekin das spektakuläre Topspiel der 2. Bundesliga zwischen dem 1. FC Heidenheim und dem Hamburger SV abpfiff. Die Reaktionen auf den Pfiff waren so unterschiedlich wie die ersten 70 Minuten der Partie im Vergleich zu den folgenden 20. Die Hamburger rissen die Arme in die Höhe und stürmten zu ihren Fans. Und Beim FCH? Purer Frust.
Lennard Maloney schaute mit leerem Blick in den Nachthimmel über dem Schlossberg, Christian Kühlwetter vergrub das Gesicht in seinen Händen und sank dann zu Boden. Tim Kleindienst ließ seiner Wut freien Lauf und trat kräftig gegen die Auswechselbank. „Es musste einfach raus“, sagte Tim Kleindienst über die Enttäuschung nach dem 3:3-Untenschieden der Heidenheimer gegen den HSV.
Die Emotionen hatten sich angestaut. In der ersten Halbzeit, die der FCH auf beeindruckende Art und Weise dominierte, überwog die pure Freude über die drei Heidenheimer Tore zur 3:0-Pausenführung. Niklas Beste (27.), Jan Schöppner (30.) und Tim Kleindienst (41.) hatten für ein Gefühlshoch bei den Spielern auf dem Platz und den Fans auf den Tribünen gesorgt.
Ebenso tief war der emotionale Fall, als die Gäste aus Hamburg mit drei Toren binnen 16 Minuten den Fchlern den sicher geglaubten Sieg noch entrissen. „Es fühlt sich wie eine Niederlage an“, verriet Kapitän Patrick Mainka seine innere Stimmung.
Mit drei Plus- und drei Minuspunkten arbeiten wir die Gründe für den Verlauf des so emotionalen Samstagabends in der Voitharena auf.
Es brauchte zwar einen Wachmacher, den Ex-fch-profi Robert Glatzel mit seinem Pfostentreffer (8.) lieferte. Doch dann übernahm der FCH die Kontrolle und spielte den Tabellenzweiten von der Elbe schwindelig. Mit konsequentem Pressing, kompromisslosem Zweikampfverhalten und clever herausgespielten Chancen überzeugten die Gastgeber über weite Strecken in allen Bereichen. „Wir haben ein echtes Spektakel geboten und hatten die Hamburger voll im Griff“, so Mainka.
1. Pluspunkt: Der unbändige Wille
Sah das 1:0 durch Niklas Beste, der eine Vorlage von Denis Thomalla im Tor unterbrachte, noch etwas nach Arbeit aus, waren die beiden weiteren Treffer echte Hingucker. Mit jeweils nur einem Kontakt passten Denis Thomalla, Florian Pick und schließlich Marnon Busch per Maßflanke den Ball an den Fünfmeterraum, wo Jan Schöppner lauerte und problemlos einköpfte.
Ebenfalls hübsch anzusehen war das 3:0. Thomalla leitete eine Flanke per Kopf auf Tim Kleindienst weiter. Der Angreifer drehte sich um Hamburgs Javi Montero und erzielte sein elftes Saisontor. „Wir haben es einfach brutal gut gemacht“, sagte er.
2. Pluspunkt Die schönen Tore 3. Pluspunkt: Die Qualität des FCH
„Wenn wir die Wucht über 90 Minuten auf den Platz bringen können, schlägt uns hier keine Mannschaft“, sagte Marnon Busch, der nach überstandenem Infekt wieder in der Startelf stand. Und das haben die Heidenheimer nicht nur am Samstag – über weite Stecken – gezeigt, sondern in vielen Heimspielen in dieser Saison.
Bis zur 70 Minute funktionierte der FCH in allen Mannschaftsteilen nahezu optimal und war in diesem Zeitraum dem Aufstiegsfavoriten aus Hamburg deutlich überlegen. „Die individuelle Qualität ist bei uns gegeben“, sagte Keeper Kevin Müller, „Wir müssen diese Leistung jetzt eben über 85 oder 90 Minuten abrufen.“
1. Minuspunkt: Die Qualität des HSV
Bei den Hamburgern reichten in der Voith-arena 20 Minuten, um sich doch noch zu belohnen. Die Gäste nutzten die – durch den Kräfteverschleiß beim FCH – sich bietenden Räume eiskalt aus und erzielten ebenfalls zwei Traumtore.
„Der HSV steht nicht umsonst da vorne drin“, so Busch.
2. Minuspunkt: Die vergebenen Chancen Die drei Hamburger Tore wären wohl zu wenig gewesen, hätten die Hausherren ihre Gelegenheiten konsequent genutzt. „Wir müssen uns ankreiden lassen, dass wir nicht das vierte und das fünfte gemacht haben“, gestand Tim Kleindienst.
In der zweiten Halbzeit seien die Offensivaktionen häufig zu überhastet ausgespielt und die falschen Entscheidungen getroffen worden, so der Angreifer. „Aber das kann nicht der ausschlaggebende Grund sein, dass man noch 3:3 spielt“, sagte er.
3. Minuspunkt: Die verlorene Spielkontrolle
Vielmehr kam eine gewisse Unruhe ins Spiel der Heidenheimer, mehrere Auswechslungen in Folge des intensiven Spielverlaufs verstärkten diese noch. „Dann passieren viele Sachen gegen uns, die vorher gut liefen“, sagte Kleindienst, „und das ist nicht das erste Mal.“In den Partien gegen den SV Sandhausen und Jahn Regensburg verlor der FCH nach Gegentreffern die Spielkontrolle und musste weitere Tore hinnehmen. „Da müssen wir noch reifen“, fügte der Angreifer hinzu.
Letztlich bleiben die FCH-PROfis aber auch im fünften Heimspiel gegen die Hamburger ungeschlagen und sind in dieser Saison in der Voith-arena weiter ohne Niederlage. Wieder ein gutes Gefühl kann sich die SchmidtElf mit einem Sieg gegen den 1. FC Nürnberg holen. Die Franken sind am kommenden Sonntag, 19. Februar, in der Voitharena zu Gast.