Rettung für die Retter
Die Not mit den Notaufnahmen ist nicht neu. Die Versuche, überfüllte Rettungsstellen zu entlasten und stundenlange Wartezeiten zu vermeiden, sind es auch nicht. So wollte in der vergangenen Legislaturperiode der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn „eine große Reform“durchsetzen – woran er gescheitert ist. Nun versucht sich Nachfolger Karl Lauterbach daran. Grundlage sollen die Vorschläge einer Expertenkommission sein. Die greift das auf, was schon lange unter Fachleuten diskutiert wurde: eine Notrufzentrale für alle Anrufer, ob die nun 112 oder 116 117 wählen, und kein freier Eintritt mehr in die Rettungsstelle einer Klinik. Nicht der Patient selbst weist sich ins Krankenhaus ein, sondern vorgeschaltet wird ein Tresen, an dem Mediziner entscheiden, ob der Hilfesuchende wirklich sofort vor Ort behandelt werden muss, oder ob ein Besuch beim Hausarzt in den nächsten Tagen reicht.
Akute Fälle von weniger dringenden Behandlungen zu trennen, hat Potenzial, die Notaufnahmen nachhaltig zu entlasten. Aber Konflikte sind programmiert. Stationäre und ambulante Medizin sind bisher strikt getrennte Bereiche. Sie an einem Ort zusammenzuführen, ist sinnvoll, wirft aber viele praktische Fragen bei der Zusammenarbeit von angestellten Klinikärzten und selbstständigen Medizinern auf – rechtlich und finanziell. Auch muss man sich darüber im Klaren sein, dass sich angesichts der Aggressionen, denen etwa Rettungswagen häufig begegnen, nicht jeder, der sich für einen Notfall hält, das Urteil des Tresens akzeptieren wird. Nur wenn ein Gesetz das alles im Blick behält und sauber löst, könnte es doch noch etwas werden mit der Reform der Notfallversorgung.