Notfallzentren sollen selbst entscheiden
Um die Rettungsstellen der Krankenhäuser zu entlasten, werden die Rufnummern 112 und 116 117 zusammengeführt. Das sehen die Reformpläne einer Expertenkommission vor.
Die Notfallversorgung in Deutschland soll grundlegend reformiert werden. Dadurch soll Schluss sein mit den oft übervollen Rettungsstellen der Krankenhäuser. Laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) müsse man dafür „vorhandene Strukturen aufbrechen und neu ordnen“. Versorgung solle dort stattfinden, wo sie medizinisch sinnvoll sei. „Das Krankenhaus muss im Notfall nicht immer die erste Adresse sein.“Aber es müsse schnelle Hilfe anbieten können. Die dafür von einer Expertenkommission der Bundesregierung vorgelegten Vorschläge sehen vor, dass in Zukunft Anrufe bei den beiden Notfallrufnummern 112 und 116 117 in gemeinsamen Leitstellen auflaufen.
Wer dort anruft, wird von erfahrenem Personal befragt, das dann entscheidet, welche Behandlung
nötig ist – ob also etwa tatsächlich der Rettungsdienst kommen muss oder der Besuch in einer Arztpraxis am nächsten Tag reicht. Ausdrücklich sind dafür auch Videotelefonate vorgesehen. So solle „eine Über- oder Unterversorgung von Notfällen verhindert werden“– also zum Beispiel Fälle, in denen Menschen in der Notaufnahme von Krankenhäusern landen, obwohl dies medizinisch gar nicht nötig ist. So sollten „die knappen Ressourcen optimal genutzt“werden.
Aufgrund unmittelbarer Erreichbarkeit rund um die Uhr, guter medizinischer Beratung sowie verbindlicher Terminvermittlung sollen diese Leitstellen „für Betroffene so attraktiv sein, dass sie primäre Anlaufstelle in medizinischen Notfällen werden“, so zumindest die Vorschläge der Kommission.
Ebenfalls neu vorgesehen ist der flächendeckende Aufbau integrierter Notfallzentren, die an Klinikstandorten entstehen, aber eigenständige Einheiten sind. Hier werden ärztlicher Bereitschaftsdienst und Notaufnahme des Krankenhauses zusammengefasst. Sie sollen verpflichtend gemeinsam betrieben werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen, also den Vertretungen der Mediziner, die in Praxen arbeiten, und den Krankenhäusern, auf deren Gelände die Zentren stehen.
Erster Check am Tresen
Das Ganze soll als erste Anlaufstelle für alle gehfähigen Notfallpatienten fungieren. Wer im Zentrum eintrifft, gelangt an einen Tresen. An dem wird entschieden, ob der Hilfesuchende tatsächlich sofort vor Ort ambulant oder sogar stationär behandelt werden muss, oder ob ein Praxisbesuch in den nächsten Tagen reicht. So der Vorschlag, den Karl Lauterbach zu einer „guten Grundlage“für eine Reform erklärte.
Dabei gilt: Längst nicht an allen Kliniken werden Notfallzentren eingerichtet. 420 Klinikstandorte, die bisher schon in der Notfallversorgung besonders profiliert sind, werden dafür vorgesehen – in Deutschland gibt es laut Statistischem Bundesamt insgesamt 1886 Krankenhäuser. Für kinder- und jugendmedizinische Fälle sollen eigene Notfallzentren aufgebaut werden.