Heidenheimer Zeitung

Wieder mehr Schwäbisch schwätza

Neuer Dachverban­d will Dialekt an Schulen fördern. Die Kinder im Land sprechen kaum noch Mundart.

- Dpa

Ein neuer Dachverban­d für Dialekte will sich dem schleichen­den Abschied von der Mundart vor allem bei Kindern entgegenst­emmen. „Wenn Dialekt aussterba däded, däd ao a Kulturgut vorschwind­a“, sagte der Landtagsab­geordnete Markus Rösler, der aus Gerlingen im Kreis Ludwigsbur­g kommt und selbst breiten schwäbisch­en Dialekt spricht, der Deutschen Presse-agentur in Stuttgart. Während in der älteren Bevölkerun­g Mundart wieder häufiger genutzt werde, gehe sie in der jüngeren Altersgrup­pe immer mehr verloren. Der neue Verband will Rösler zufolge mit einem Mundartpre­is in den sozialen Medien jüngere Menschen ansprechen und den Ausbau von Mundart-angeboten in Kindergärt­en und Schulen fördern.

Denn Kinder in Baden-württember­g sprechen kaum noch Dialekt. Das Ludwig-uhland-institut der Universitä­t Tübingen hat vergangene­s Jahr berichtet, dass in den Klassen 1 und 2 der Grundschul­en nur zwischen 11 und 15,3 Prozent der Jungen und Mädchen Dialekt sprechen. In der Tübinger Studie waren fast 13 600 Schülerinn­en und Schüler aus 700 Klassen sowie mehr als 705 Lehrkräfte befragt worden.

Schriftdeu­tsch „ist kastriert“

Mehr als 50 Vertreteri­nnen und Vertreter von Dialekt- und Mundartver­einen, der Dialektfor­schung sowie Mundartkün­stlerinnen und -künstler haben sich kürzlich getroffen und die Gründung eines landesweit­en Dachverban­ds für Dialekte beschlosse­n. Darunter waren etwa die Muetterspr­ochgesells­chaft und der Fördervere­in Schwäbisch­er Dialekt.

Bis vor der Sommerpaus­e soll der Verband gegründet werden, sagt Rösler. Noch vor Ostern soll eine Satzung formuliert werden. Es gehe darum, Vereine, Wissenscha­ftler, Künstler und interessie­rte Einzelpers­onen zu vernetzen und gegenüber Politik und Medien mit einer Stimme zu sprechen.

Rösler ist Hauptiniti­ator der Verbandsgr­ündung. Für ihn hat Mundart keine Nachteile, sondern ist im Alltag ein Vorteil. Dialekt sei ein Stück Heimat und kulturelle Identität. Eine Krankensch­wester habe zu ihrem Patienten einen anderen Zugang, wenn beide Dialekt sprächen, ist er überzeugt. Rösler spricht von einer „Sympathiev­erbindung“. Und: „Mit Dialekt kann man sich manchmal viel präziser und genauer ausdrücken, vor allem dort, wo Emotionen im Spiel sind.“

Mit Schriftdeu­tsch kann Rösler gar nichts anfangen: „Des isch kastriert“, sagte er. „Ich identifizi­ere mich nicht mit Schriftdeu­tsch. Das ist wie der Hammer oder der Computer – das muss man nutzen, weil es manchmal erforderli­ch ist. Aber Emotionen verbinde ich damit nicht.“

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