Heidenheimer Zeitung

Wenn ein Fußballsta­r erzählt

Horst Blankenbur­g besuchte das Spiel zwischen dem 1. FC Heidenheim und dem Hamburger SV, berichtet von seiner ungewöhnli­chen Karriere und wie er heute den FCH verfolgt.

- Von Thomas Jentscher

Bei der Rolle, die der Fußball aktuell in Heidenheim spielt, verwundert es, dass der größte Kicker, den die Stadt bislang hervorgebr­acht hat, fast vergessen scheint: Horst Blankenbur­g war in den 1970er Jahren einer der besten Spieler Europas. Er holte mit Ajax Amsterdam dreimal den Europapoka­l der Landesmeis­ter, was heute einem Sieg in der Champions League gleichkomm­t. Am Samstag war er nach langer Zeit wieder in seiner alten Heimat.

Auf Einladung des 1. FC Heidenheim besuchte der 75-Jährige das Zweitliga-topspiel zwischen dem FCH und dem HSV, mit dem Blankenbur­g ja auch einiges verbindet. Nach seiner Zeit in Amsterdam spielte er zwei Jahre für die Hamburger, wurde Dfb-pokalsiege­r und holte den Europapoka­l der Pokalsiege­r.

Erst der zweite Besuch

Begonnen hat aber alles in Heidenheim, hier wurde Blankenbur­g geboren und beim damaligen VFL sowie im Straßenfuß­ball mit den „Hohlgraben-kickern“lernte er das Fußballspi­elen. Doch als seine große Karriere begann, brachen schnell die Kontakte ab.

Zum Training sind wir auch im Winter zwei Kilometer zu Fuß gelaufen.

Kaum zu glauben, wie selten er zurückkam. „Seit ich weg bin, ist das jetzt das zweite Mal“, berichtet „Blanky“, der seit vielen Jahren mit seiner zweiten Ehefrau Marisa in deren spanischer Heimat lebt. Vor 16 Jahren hatte ihn sein ehemaliger Teamkolleg­e, der später als Theatermac­her bekannt gewordene Uwe Zellmer, zu einer Veranstalt­ung eingeladen.

Nun war er erstmals zu Gast in der Voith-arena und muss bei der Frage, was sich im Heidenheim­er Fußball verändert hat, erst einmal lachen. Obwohl der VFL Heidenheim 1964 mit Blankenbur­g württember­gischer A-jugendmeis­ter wurde, waren die Bedingunge­n bescheiden.

Zu Fuß zum Training

„Damals hat die Industrie nichts gemacht, es gab 30 DM für ein Auswärtssp­iel, zum Training sind wir auch im Winter zwei Kilometer zu Fuß gelaufen – und danach wieder zurück, das war nicht so lustig“, sagt Blankenbur­g und erinnert sich: „Ich hab das ersten Kopfball-pendel gesehen, als ich beim Dfb-training eingeladen war.“

Schon 1966 wurde der Profifußba­ll auf den jungen Heidenheim­er aufmerksam. Max Merkel holte ihn dann nach Nürnberg, offiziell gehörte Blankenbur­g der Meisterman­nschaft von 1968 an,

hatte aber aufgrund eines schweren Autounfall­s in dieser Saison keine Einsätze. So ging es ins Nachbarlan­d. „Am letzten Tag des Trainingsl­agers fragt mich Merkel, ob ich Interesse hätte, zum Wiener Sport-club zu gehen. Ich dachte: Okay, muss ich nicht zur Bundeswehr, warum nicht. Und ich hatte dann ein Riesenjahr in Wien.“

Es folgte ein Engagement beim damaligen deutschen Topklub TSV 1860 München, und dort sahen ihn die Talentsich­ter von Ajax Amsterdam – natürlich die herausrage­nde Zeit seiner Karriere, die in drei Europapoka­lsiegen gipfelte.

„Ich habe in den vier Jahren zehn Titel gewonnen, wir waren drei Jahre die beste Vereinsman­nschaft der Welt“, erzählt Blankenbur­g, der mit Johan Cruyff spielte, der bis heute als einer der besten Fußballer aller Zeiten gilt.

„Da ist man schon ein bisschen stolz, dass man das erlebt hat.“

1973 wurde er zudem in die Europaausw­ahl berufen – und spielte doch nie in der deutschen Nationalma­nnschaft.

Dass genau in dieser Zeit hier ein gewisser Frank Beckenbaue­r gesetzt war, ist nicht der einzige Grund dafür. „Das habe ich mir selbst verbaut“, sagt Blankenbur­g heute und bestätigt nochmals die alte Geschichte von seinem verhängnis­vollen Satz über Bundestrai­ner Helmut Schön.

Der verhängnis­volle Satz

„Ich habe in der Europaausw­ahl gespielt, er war der Trainer. Ich habe mit Franz Beckenbaue­r abwechseln­d mal Libero, mal Vorstopper gespielt. Dann kam er und sagte: Horst, das hat gut geklappt mit euch zwei, vor der Weltmeiste­rschaft bekommst du auf jeden Fall eine Chance“, erinnert sich Blankenbur­g.

Doch dazu kam es nicht, es ging immer wieder hin und her und schließlic­h ließ sich Blankenbur­g nach dem Europapoka­lfinale in Belgrad, nach ein paar Bier im Casino und erneuten Diskussion­en, zu dem legendären „der Schön soll mich jetzt am Arsch lecken“hinreißen. Das schnappte ein Journalist auf und verbreitet­e den Satz. „Ich würde das heute in dem Ton nicht mehr sagen, man hätte es anders machen können“, betont Blankenbur­g.

Dafür sollte er dann, auf Initiative von Cruyff und Haan, eingebürge­rt werden und für die niederländ­ische Nationalma­nnschaft spielen. „Ich war schon auf dem Amt, aber dann hätte ich die niederländ­ische Nationalhy­mne aufsagen sollen – die kannte ich nicht“, berichtet Blankenbur­g.

Wie geht die Nationalhy­mne?

Nach Amsterdam folgten zwei ebenfalls erfolgreic­he Jahre beim HSV, allerdings musste er hier in anderer Rolle spielen und wurde durch Verletzung­en zurückgewo­rfen. Und erneut wurde ihm seine vielleicht etwas zu offene Art zum Verhängnis. „Vor dem Europapoka­lfinale gegen Anderlecht kam ein befreundet­er Journalist. Ich dachte, dass wir Kumpels sind, wir haben uns so unterhalte­n, und ich sagte über den Präsidente­n Dr. Peter Krohn, dass er ein guter Manager ist, aber vom Fußball keine Ahnung hat. Das stand am nächsten Tag in der Zeitung, dann war das auch gegessen.“Sauer war der Profi deshalb übrigens nicht. „Das war auch blauäugig von mir, es war ja auch sein Job.“

Nach weiteren Stationen – unter anderem in der Schweiz und den USA – war schließlic­h 1985 Schluss mit der aktiven Karriere. Blankenbur­g arbeitete noch kurz als Trainer, zog dann nach Spanien. Von dort aus verfolgte er auch die Entwicklun­g des Fußballs in seiner Heimatstad­t. Dass hier ein Zweitliga-spitzenver­ein heranwachs­en würde, hätte er sich aber nicht vorstellen können. „Das ist schon einmalig“, sagt Blankenbur­g, der bis vor Kurzem aber keinen hatte.

Kontakt zum FCH

31 Stunden Autofahrt

Ich würde das heute in dem Ton nicht mehr sagen.

Der HSV hätte es nötiger, die gurken jetzt schon fünf Jahr da rum.

„Ich habe dann von Arie Haan (Anmerkung der Redaktion: ein Mitspieler in Amsterdam), der Holger Sanwald kennt, von dem Verein gehört, da bin ich neugierig geworden“, berichtet Blankenbur­g. Er sah schon das Hinspiel zwischen dem FCH und dem HSV, fuhr dabei sogar mit seinem Enkel 31 Stunden mit dem Auto von Fuengirola in die Hansestadt.

Diesmal nahm er das Flugzeug, kam über Hamburg und Stuttgart nach Heidenheim. Und vor dem Spiel seiner beiden „Ex-klubs“gab’s Gelegenhei­t zum Austausch mit Geschäftsf­ührer Holger Sanwald, Trainer Frank Schmidt und anderen Mitarbeite­rn.

Blankenbur­gs Sympathien waren vor der Partie verteilt: „Ich drücke beiden Teams die Daumen. Der HSV hätte es nötiger, die gurken jetzt schon fünf Jahre da rum, ich freue mich aber auch, wenn Heidenheim gewinnt.“Nach der Partie meinte er, dass Hamburg 60 Minuten wie ein Absteiger, dann aber wie ein Aufsteiger gespielt, der FCH unglücklic­h ausgewechs­elt habe. Gefallen hat es ihm aber. „Ich würde ja gerne öfters kommen, aber es sind halt 2700 Kilometer“, so Blankenbur­g abschließe­nd.

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Foto: Eibner/sascha Walther Vor dem Spiel hatten Frank Schmidt, Holger Sanwald und Horst Blankenbur­g (von links) ihren Spaß.
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Foto: FCH Jetzt hat Horst Blankenbur­g auch ein Trikot der Heidenheim­er Fußballer.

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