Heidenheimer Zeitung

„Dach über dem Kopf“

- Stefan Kegel

andere Länder mit hohen Flüchtling­szahlen um? Migrations­expertin Victoria Rietig von der Deutschen Gesellscha­ft für Auswärtige Politik sagt, wie.

Wie gehen Es gibt Staaten, die haben weit mehr Menschen aufgenomme­n als Deutschlan­d. Wie machen die das? Victoria Rietig:

Andere Länder haben viel höhere Flüchtling­santeile in der Bevölkerun­g, Libanon zum Beispiel 25 Prozent, die Türkei hat 4 Millionen Menschen aufgenomme­n, Kolumbien 2,5 Millionen, Uganda 1,5 Millionen. Was viele von denen richtigmac­hen, tut Deutschlan­d auch gerade.

Und was ist das?

Einen Sonderstat­us einrichten: Flüchtling­e aus der Ukraine erhalten hier unbürokrat­isch zeitlich begrenzt eine Aufenthalt­serlaubnis ohne individuel­le Prüfung. Die Menschen finden also schnell ein Dach über dem Kopf, können arbeiten und ihre Kinder in die Schule schicken. Das ist in den genannten Ländern oft genauso. Aber einen solchen Rundumschu­tz geben Länder meist nur direkten Nachbarn. Die kulturelle Nähe und dass viele Menschen schon Familie oder Freunde im Land haben, erleichter­n die Integratio­n. Das ist wie in Deutschlan­d mit den Ukrainern.

Wie gehen andere Länder mit abgelehnte­n Flüchtling­en um?

Die Wahrheit ist, dass die wenigsten westlichen Länder Rückführun­gen gut hinbekomme­n. Spanien bildet eine Ausnahme, weil es eine lange Beziehung zu Marokko hat und Rückführun­gen ein Teil davon sind. Sogar die USA, die in Migrations­fragen hart wirken, schieben weniger als drei Prozent der Ausreisepf­lichtigen ab. Deutschlan­ds Wert ist ähnlich.

Warum gelingt Deutschlan­d das nicht besser?

Weil Herkunftsl­änder ihre Bürger nicht zurücknehm­en wollen. Zu Ländern wie Afghanista­n, Irak oder Iran fehlt uns ein gutes bilaterale­s Verhältnis, um das zu bewerkstel­ligen. Hinzu kommt, dass die internen Prozesse in Deutschlan­d schlecht koordinier­t und

langwierig sind. Es dauert oft Jahre, bis man eine Abschiebun­gsanordnun­g hat. Zudem sind sie politisch umstritten. Der wichtigste Punkt ist aber ein anderer.

Nämlich?

Abschiebun­gen aus Deutschlan­d und Europa sind deswegen so schwierig, weil uns Menschenre­chte und Völkerrech­t nicht egal sind. Manche afrikanisc­hen Länder wie Algerien schieben Menschen inoffiziel­l ab. Die setzen sie einfach in der Wüste aus. Das ignoriert Menschen- und Völkerrech­t, aber es funktionie­rt für diese Staaten.

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Foto: DGAP Migrations­expertin Victoria Rietig.

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