Heidenheimer Zeitung

Gezerre um Härtefallh­ilfen

Im Dezember beschloss der Bundestag, auch Nutzer von Öl- und Pelletheiz­ungen zu entlasten. Doch passiert ist seither wenig.

- Von Sabine Rößing

Auch für Menschen, die mit Öl oder Pellets heizen, sollte es in diesem Winter eigentlich Hilfen geben. Im Dezember hatte die Ampel-koalition eine Härtefallr­egelung für private Haushalte bei Heizöl, Pellet-heizungen und Flüssiggas beschlosse­n. Bis zu 2000 Euro pro Haushalt soll es demnach geben.

Zum Ende der aktuellen Heizsaison können diese Hilfen allerdings noch immer nicht beantragt werden und noch immer weiß niemand, nach welchen Kriterien über eine Bewilligun­g entschiede­n werden soll.

„Ich habe versucht, mich zu erkundigen“, erzählt Helga Strobel aus Blaustein im Alb-donaukreis. „Ich habe den Heizöl-lieferante­n gefragt, dann beim Landratsam­t angerufen und beim Regierungs­präsidium, schließlic­h sogar beim Finanzamt. Die Antwort war immer die gleiche: ‚Wir wissen nichts‘.“

Im Oktober hatte die Familie für 1,38 Euro pro Liter Heizöl getankt und damit mehr als das Doppelte gezahlt als noch vor einem Jahr. Das war in der Hochphase, als der Ölpreis in Folge von Embargo und Ukraine-krieg und unter dem Eindruck der Spekulatio­nen um Gasengpäss­e durch die Decke ging. Damals sah es sogar so aus, als würden die Preise noch weiter steigen. Also füllte die Familie den Tank, bevor alles womöglich noch teurer würde.

Seitdem telefonier­t sich Helga Strobel durch die Behörden. Nach Einschätzu­ng des Verbands mittelstän­discher Energiehän­dler (VEH) Südwest-mitte haben von den rund 920 000 Ölheizungs­betreibern in Baden-württember­g grob geschätzt etwa 20 Prozent in einer Zeit Heizöl gekauft, in der der Preis im Vorjahresv­ergleich mehr als doppelt so hoch war.

„Haushalte, die mit Pellets, Heizöl oder Flüssiggas heizen, haben mit erhebliche­n Kostenstei­gerungen zu kämpfen“, betont der VEH. Der Bundestag habe deshalb die Voraussetz­ung für eine Härtefallr­egelung geschaffen. Dazu stellt der Bund im Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s insgesamt maximal 1,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Gelten soll diese Regelung für den Zeitraum zwischen Januar und Dezember 2022.

Anders als die Nutzer von Gasheizung­en müssen die betroffene­n Haushalte für die Erstattung von exorbitant­en Ölrechnung­en aber einen Antrag stellen. Doch mit Ausnahme von Berlin ist das bislang offenbar nirgendwo möglich. Die Länder müssen zunächst einen Referenzwe­rt für den Kostenverg­leich festlegen. In Berlin muss ein Liter Heizöl mindestens 1,21 Euro gekostet haben, damit eine Erstattung beantragt werden kann. Bei Pellets liegt der Wert bei 0,41 Euro pro Kilo.

„Wir haben die Ministerpr­äsidentinn­en und Ministerpr­äsidenten

in unserem Verbandsge­biet – Baden-württember­g, Saarland, Rheinland-pfalz, Hessen, Thüringen – angesproch­en, betont der VEH. Aus dem Saarland (SAARSPD), Baden-württember­g (Ministeriu­m für Umwelt, Klima und Energiewir­tschaft) und aus Rheinland-pfalz (Ministeriu­m für Klimaschut­z, Umwelt, Energie und Mobilität) haben wir bisher nur den Verweis auf die Bundesrege­lung erhalten und die Informatio­n, dass die Formalität­en zur Beantragun­g noch durch den Bund geklärt werden müssen.“

Die Bundesregi­erung arbeite mit den Ländern an einer Verwaltung­svereinbar­ung, erklärt eine Sprecherin des Bundesmini­steriums für Wirtschaft und Klimaschut­z (BMWK). Diese Ausführung­svereinbar­ung werde in den kommenden Wochen fertiggest­ellt. „Antragsber­echtigt werden grundsätzl­ich Verbrauche­r in privaten Haushalten sein sowie Immobilien­unternehme­n, die als Vermieter für ihre privaten Mieter Energieträ­ger zur Wärmeverso­rgung (etwa für eine zentrale Ölheizung) beziehen“, so die Ministeriu­mssprecher­in. Es gehe jetzt „zügig voran“.

Diesen Eindruck vermögen aber immer weniger Betroffene zu teilen. Das lange Gezerre um prozessual­e Details sorgt zunehmend für Ärger: Man werde beim BMWK noch einmal nachhaken, kündigte ein Sprecher der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (VZBV) an.

Der VEH bemängelt außerdem den geplanten Ausschluss kleiner und mittlerer Unternehme­n (KMU) aus der Härtefallk­lausel. Schließlic­h habe die Politik wochenlang an die Unternehme­n appelliert, wenn möglich auf Heizöl auszuweich­en, um eine Gasmangell­age abzuwenden, betont Veh-geschäftsf­ührer Hans Jürgen-funke.

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Clever Energie sparen Foto: Philipp von Ditfurth/dpa Die von der Regierung versproche­ne finanziell­e Entlastung für Heizölkund­en lässt auf sich warten.

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